News vom 01.07.22 bis 30.11.22

1. Bad Lauterberg: „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ hat die Bad Lauterberger Busfahrpläne analysiert - wenige Ergänzungen könnten das gute Grundangebot punktuell noch verbessern (Stand: 01.07.2022)
2. Göttingen: Wohin geht die Reise? - Perspektiven des ÖPNV in bewegten Zeiten - ZVSN lädt zu Fachveranstaltung am 06.07.2022 ein (Stand: 28.06.2022)

3. Harz: Das „Harz-Kursbuch“ ist wieder erhältlich (Stand: 18.07.2022)
4. Harz-Weser-Netz: „Höchste Eisenbahn“ schlägt Alarm - unerträglich schlechte Betriebsführung auf der Südharzstrecke und Sollingbahn (Stand: 23.07.2022)
5. Nordharz I: Bankrotterklärung der DB Netz im Nordharz wohl nur die Spitze des Unfähigkeits-Eisbergs (Stand: 26.07.2022)
6. Nordharz II: Bankrotterklärung der DB Netz im Nordharz: Hier sind die Alternativen (Stand: 26.07.2022)
7. Südharz: Züge fallen aus – oder auch nicht (Stand: 27.07.2022)
8. Update zur Nordharz-Katastrophe: Wieder Züge zwischen Goslar und Wernigerode (Stand: 27.07.2022)
 

1. Bad Lauterberg: „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ hat die Bad Lauterberger Busfahrpläne analysiert - wenige Ergänzungen könnten das gute Grundangebot punktuell noch verbessern (Stand: 01.07.2022)
Der Vorwurf der Bad Lauterberger Hoteliers, dass man mit HATIX in der Kneippstadt nichts anfangen könne, hat „Höchste Eisenbahn“ nicht ruhen lassen. Die Initiative hat das vorhandene Fahrplanangebot im Hinblick auf seine Nutzungsmöglichkeiten im Bereich Tourismus untersucht. Ergebnis: Ohne Umstieg werden ca. 40 Ausflugs- und Wanderziele erschlossen, mit einem Umstieg kommen weitere 40 hinzu – wobei prekäre Anschlüsse mit nur wenigen Minuten Übergang von vornherein außer Betracht geblieben sind.

„Inwieweit die Ziele attraktiv sind, liegt im Auge des jeweiligen Betrachters. Manche sind unspektakulär, dienen aber sehr wohl der Erholung, manche sind spektakulär, aber dann auch entsprechend frequentiert. Dasselbe Problem haben freilich auch Autofahrer. Unsere Analyse zeigt jedoch, dass jede Menge Wandermöglichkeiten bestehen und das ebenso auch Touren in benachbarte Städte oder zu Zielen wie dem Kloster Walkenried oder der Altstadt von Wernigerode möglich sind“ erläutert Michael Reinboth. Er stellt seit Jahren das „Harz-Kursbuch“ zusammen und kennt sich mit Wanderungen unter Nutzung von Linienbussen im Harz gut aus.

Selbst der Brocken ist keineswegs nur am Wochenende gut erreichbar, sondern jeden Tag, denn es gibt Busse, die St. Andreasberg umsteigefrei mit Oderbrück und Torfhaus verbinden und mit den Kursen der Linie 450 nach St. Andreasberg stressfrei verknüpft sind. Was Montag bis Freitag über Torfhaus funktioniert, klappt am Wochenende im 2-Stunden-Takt über Schierke oder Drei Annen Hohne.

„Wir haben da wohl eher, wie im gesamten ÖPNV, ein Wahrnehmungs- und Vermarktungsproblem. Warum es Jahre braucht, um auf Basis der vorhandenen Fahrpläne Ausflugs- und Wandertipps zusammenzustellen, erschließt sich uns nicht. Wenn man uns gefragt hätte – wir hätten gern geholfen.“ Reinboth verweist auf Braunlage, wo die Initiative gern bei der Ausarbeitung eines gut nachgefragten kleinen Fahrplanheftes behilflich war und ist, ebenso auch in Bad Sachsa und Walkenried. „Hier war aber eben auch von vornherein der Wille vorhanden, HATIX zu einem Erfolg werden zu lassen.“

Anpassungen können zur Steigerung der Akzeptanz beitragen

Anpassungen sind nicht zwingend nur neue – und zu finanzierende – Fahrten. Mitunter geht es nur darum, aus einem etwas unsicheren Anschluss wie dem von der Linie 840 aus Altenau zur Linie 450 nach Bad Lauterberg in St. Andreasberg durch kleinere Verschiebungen der Zeiten und bessere Abstimmung der Wartevorschriften einen sicheren Anschluss zu machen. Oder es geht darum, den schon einmal mitgeführten Fahrradanhänger nach St. Andreasberg unter HATIX-Bedingungen wieder anzuhängen. Denn als er mangels Nachfrage abgehängt wurde, gab es HATIX noch nicht. Auch über die Wiedereinrichtung einst vorhandener Haltestellen zwischen Bad Lauterberg und Braunlage – Erikabrücke, Oderhaus – wäre nachzudenken. Oder über vermeintliche Kleinigkeiten wir die klare Kennzeichnung der zwischen Bad Lauterberg und Walkenried, Zorge oder Wieda durchgehend verkehrenden Fahrten.

„Höchste Eisenbahn“ schlägt nur zwei wirkliche Ergänzungen vor:

1. Montag bis Freitag sollten 2 Fahrtenpaare von Odertal nach Braunlage und zurück verlängert werden, um die durchaus brauchbaren Verbindungen über St. Andreasberg zu ergänzen. Hiervon würden auch Braunlager Gäste profitieren. Vorgeschlagen wird ein Fahrtenpaar in der 10-Uhr-Lage und ein Fahrtenpaar in der 16-Uhr-Lage. Ausgenutzt würde die Standzeit in Odertal, die völlig ausreicht, um einmal nach Braunlage und wieder zurück zu pendeln, was am Wochenende ja auch der Fall ist. Gäste hätten dann die Möglichkeit, entweder um 9 Uhr über St. Andreasberg nach Braunlage, Torfhaus oder Bad Harzburg zu fahren oder um 10 Uhr „nur“ nach Braunlage. Am Nachmittag gäbe es dann von 15 bis 17 Uhr ein stündliches Rückfahrangebot, was Touren zum Wurmberg, zum Achtermann, zum Brocken und andere – die auch jetzt schon gut machbar sind! – noch etwas flexibler gestaltbar macht. Und: „Manch einer steigt eben nicht gerne um.“

2. An Samstagen sollte der Fahrplan der Linie 471 Bad Lauterberg – Bad Sachsa um ein weiteres Fahrtenpaar am Nachmittag ergänzt werden, um ausreichende Aufenthaltszeiten in Bad Sachsa und Walkenried einerseits und Bad Lauterberg andererseits zu ermöglichen. Ein zusätzliches Fahrzeug wird auch hier nicht benötigt, das derzeit eingesetzte müsste eben noch einmal mehr hin- und zurück fahren. Montag bis Freitag besteht hier schon ein ausreichendes Angebot.

Aus touristischer Sicht, so ist man bei „Höchste Eisenbahn“ überzeugt, ist das solcherart leicht erweiterte Angebot noch ein klein wenig attraktiver. Hinreichend Möglichkeiten bietet es heute schon.

Man muss es eben nur wollen.

Michael Reinboth
Sprecher Initiative "Höchste Eisenbahn für den Südharz"

2. Göttingen: Wohin geht die Reise? - Perspektiven des ÖPNV in bewegten Zeiten - ZVSN lädt zu Fachveranstaltung am 06.07.2022 ein (Stand: 28.06.2022)
Pressemitteilung des ZVSN:

Zu einer Fachveranstaltung unter dem Motto „Wohin geht die Reise? – Perspektiven des ÖPNV in bewegten Zeiten“ lädt der Zweckverband Verkehrsverbund Süd-Niedersachsen (ZVSN) am Mittwoch, den 6. Juli 2022, in das Tagungshaus „Alte Mensa“ am Wilhelmsplatz in Göttingen ein.

Der Klimapakt der Bundesregierung gibt ein ganz klares Ziel vor: Bis zum Jahr 2030 sollen sich die Fahrgastzahlen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) verdoppeln. Auch die drei im Zweckverband Verkehrsverbund Süd-Niedersachsen (ZVSN) organisierten Landkreise Göttingen, Northeim und Holzminden arbeiten engagiert an der Umsetzung dieser wichtigen Aufgabe. Zu nennen sind die VSN-Tarifreform oder zahlreiche neue Angebote im Linienbusverkehr.

Die Corona-Pandemie mit zeitweise drastischen Fahrgast-Rückgängen, die Auswirkungen des Ukraine-Krieges mit erheblichen Steigerungen der Treibstoffkosten auch für die Verkehrsunternehmen sowie das 9-Euro-Ticket bedeuten für die Mobilitäts-Branche jedoch erhebliche Herausforderungen.

Die Veranstaltung soll einen Einblick geben in dieses interessante Spannungsfeld zwischen den aktuellen Aufgaben und den Perspektiven für die Ausgestaltung der Verkehrswende.

Ein interessantes Programm erwartet die Gäste am 6. Juli ab 11 Uhr:

11:00   Einlass - Willkommen

12:00   Begrüßung

Doreen Fragel, Vorsitzende der ZVSN-Verbandsversammlung, Erste Kreisrätin Landkreis Göttingen

12:15   Perspektiven des Öffentlichen Personennahverkehrs in Niedersachsen

Dr. Christoph Wilk,

Abteilungsleiter Verkehr, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung

12:40   „Flexo“ - On Demand-Angebote beim Regionalverband Großraum

Braunschweig

Fritz Rössig, Abteilungsleiter Regionalverkehr, Regionalverband Großraum Braunschweig

13:05   Mobilitätsmanagement als Türöffner für neue Konzepte in der Fläche

Stephan Börger,

Bereichsleiter Mobilitätsmanagement, Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG)

13:30   Umweltschonende Antriebe – Clean Vehicle Directive (CVD)

Michael Neugebauer, Vorsitzender des Vorstands, VDV-Landesgruppe Niedersachsen/Bremen

14:00   Abstimmungen/Fragen aus dem Publikum

14:20   Pause

14:40   Im Dialog – der neue ZVSN-Fahrgastbeirat

Gerd Aschoff, ZVSN-Fahrgastbeirat

15:05  Einblick in den Alltag eines ÖPNV-Aufgabenträgers

Michael Frömming, ZVSN-Verbandsgeschäftsführer

15:30  Podiumsdiskussion „Wohin geht die Reise des ÖPNV?“ 

16:15   Abstimmungen/Fragen aus dem Publikum

16:45   Informeller Ausklang am Buffet (bis 18:30)

Moderation: Bernd Schlegel, HNA Hessische/Niedersächsische Allgemeine

Personen, die an der Teilnahme der Veranstaltung interessiert sind, werden gebeten die Anmeldungen bis zum Sonntag, 3. Juli 2022, an marketing@zvsn.de zu senden.

3. Harz: Das „Harz-Kursbuch“ ist wieder erhältlich (Stand: 18.07.2022)
Der Verkaufserfolg des 9-Euro-Tickets zeigt, dass Bahn und Bus durchaus einen größeren Beitrag zur Mobilitätswende leisten können als immer wieder unterstellt. Er zeigt auch, dass die Bürgerinnen und Bürger kein Problem damit haben, Bahn und Bus zu nutzen, wenn der Preis stimmt.
Insoweit hofft man bei „Höchste Eisenbahn für den Südharz“, dass es einerseits zu einer Fortsetzung des Angebots, wenn auch in veränderter und dauerhaft finanzierbarer Form, kommt und andererseits der ÖPNV endlich die Förderung erfährt, die ihm entsprechend seiner wachsenden Rolle im Kampf gegen den Klimawandel zukommt.

Was sich auch zeigt, ist ein beachtliches Defizit über das, was der ÖPNV zu leisten imstande ist, sprich: Wie viele Bahnen und Busse auf welchen Linien unterwegs sind.
Nicht zuletzt das blanke Unwissen über das Busangebot im Bad Lauterberger Rat hat dies deutlich werden lassen.
Elektronische Systeme sind, so aktuell sie auch sein mögen, eben kein Ersatz für einen Überblick über das Gesamtangebot. Sie sind nur dann gut, wenn man bereits weiß, was man wann machen will und sein Ziel kennt.

„Höchste Eisenbahn“ gibt seit Jahren das „Harz-Kursbuch“ heraus, welches genau diesen Überblick zum Gesamtangebot liefert. Der Nachholbedarf im Zusammenhang mit dem 9-Euro-Ticket und mit HATIX war in diesem Jahr so enorm, dass man bereits einmal nachdrucken musste. Auch diese Auflage war schnell vergriffen.
Nun hat die Initiative erneut nachdrucken lassen, und das Kursbuch kann zum Preis von 5 Euro für beide Bände bei den bekannten Verkaufsstellen wieder erworben werden.
Michael Reinboth

4. Harz-Weser-Netz: „Höchste Eisenbahn“ schlägt Alarm - unerträglich schlechte Betriebsführung auf der Südharzstrecke und Sollingbahn (Stand: 23.07.2022)
„Alles freut sich über das 9-Euro-Ticket. Was DB Regio inzwischen aber – nach relativ langer Zeit stabilen Betriebs – auf der Sollingbahn und der Südharzstrecke abliefert, ist nicht mehr hinzunehmen.“ Michael Reinboth von der Initiative „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ ist schlecht auf die DB im Harz-Weser-Netz zu sprechen. „Am Samstag, den 23.7., fielen nacheinander gleich zwei Züge wegen Personalmangel aus. Für Fahrgäste bedeutete das: Zwischen 18.06 und 21.06 Uhr gab es keinerlei Möglichkeit, von Northeim in den Südharz zu gelangen. Und Bus-Notverkehr anzubieten, kommt den Verantwortlichen von DB Regio erst gar nicht mehr in den Sinn.“

Leider reiht sich DB Regio damit in die schon seit Wochen unbefriedigende Betriebssituation bei DB Start (100-prozentige DB-Tochter Regionalverkehre Start Deutschland GmbH ) ein, aber auch andere Eisenbahn-Verkehrsunternehmen liefern derzeit in Niedersachsen eine grottenschlechte Leistung ab.

„Wir erwarten von DB Regio, dass man dort auf die offenbar zunehmenden Personalausfälle reagiert. Im Grunde ist es ja jedes Jahr dasselbe – völlig überraschend wollen die Leute in den Urlaub. Darauf war und ist man bei allen Eisenbahnunternehmen immer schlechter vorbereitet. Hinzu kommen die Corona-Ausfälle. Dafür muss man Verständnis haben, nicht aber für die Art und Weise, wie hier reagiert wird.“

Auf der Sollingbahn häufen sich die Ausfälle in einem noch schlimmeren Ausmaß. „Hier muss man schon froh sein, wenn überhaupt mal ein Zug fährt. Und auch hier gibt es keinerlei Bemühungen um einen halbwegs vernünftigen Bus-Notverkehr.“

Wenn die Situation so schlecht bleibt – und das wird sie nach Einschätzung von „Höchste Eisenbahn“ allemal bis zum Ende der Sommerferien – dann muss nach Auffassung der Initiative ein verlässlicher Notfahrplan her, aus dem hervorgeht, welche Züge vorübergehend ausgelegt und durch Busse ersetzt werden. „Das ist doch das Mindeste, was die Kunden erwarten können, und nicht ein Hineinstolpern in den jeweils nächsten Tag“. Andere Bahnunternehmen, auch DB-Töchter wie die Westfrankenbahn, bekommen das hin und stellen im Netz einen Notfahrplan zur Verfügung, aus dem die ausfallenden Züge klar hervorgehen.

Angesichts der landesweit miesen Betriebsabwicklung würde man, so „Höchste Eisenbahn“, ja auch mal eine Ansage des Aufgabenträgers erwarten. Die Landesnahverkehrsgesellschaft finanziert den größten Teil der äußerst schlechten Leistungen und freut sich wahrscheinlich darüber, dass man Geld spart – ausgefallene Fahrten müssen nicht bezahlt werden, und Strafgelder kassiert man noch obendrein. Wem das alles überhaupt nicht hilft, ist der Kunde, der mehr als zwei Stunden auf toten Stationen herumsitzen muss in der Hoffnung, dass wenigstens der übernächste Zug noch fahren wird.

Reinboth bezeichnet die derzeitige Betriebslage als „Super-GAU für den ÖPNV“, da viele potenzielle, durch das 9-Euro-Ticket angelockte Kunden dauerhaft wegbleiben werden. Die Bahngewerkschaften EVG und GDL, sonst untereinander spinnefeind, heizen die Ausfälle durch ständigen Hinweis auf den Stress noch an. Allen zusammen, den Eisenbahn-Verkehrsunternehmen, den Gewerkschaften und den Aufgabenträgern des Schienenverkehrs ist dieser Tage eines gemeinsam: Was gar nicht zählt, ist der zahlende Fahrgast.

Michael Reinboth

5. Nordharz I: Bankrotterklärung der DB Netz im Nordharz wohl nur die Spitze des Unfähigkeits-Eisbergs (Stand: 26.07.2022)
Im Nordharz ist östlich von Vienenburg seit gestern Abend kein geordneter Bahnverkehr mehr möglich. Gleich reihenweise nimmt DB Netz – ohne Vorankündigung, die einen halbwegs sinnvollen Bus-Ersatzverkehr unter Umständen ermöglicht hätte – Strecken aus dem Betrieb heraus – angeblich wegen Hitzeschäden, die erst wieder repariert werden müssen. Das ist vermutlich sogar richtig, doch hätte die extreme Hitze der letzten Wochen einen intakten und gut gepflegten Gleisnetz vermutlich weniger geschadet als jetzt, wo die Hitze auf ein, wie überall in Deutschland, vernachlässigtes und marodes Schienensystem trifft.

Die Zeche zahlen, wie üblich, natürlich nicht die gut verdienenden Manager an der Bahnspitze, die auch nicht um ihre Boni fürchten müssen. Die sind gesichert, solange das Ergebnis unter dem Strich stimmt, Und wer die Instandhaltung über Jahre hinweg grob vernachlässigt, verdient vorübergehend gut. Durch die Ereignisse von Garmisch-Partenkirchen wohl aus dem Bonus-Tiefschlaf geweckt, wird nun allenthalben ausgeschwärmt, um unter irgendwelchen Begründungen die Strecken dichtzumachen. Nicht nur am Nordharz. In Niedersachsen ist die Strecke Elze – Voldagsen schon seit Tagen gesperrt, ebenfalls wegen „Hitzeschäden“ – Wiederinbetriebnahme ungewiss. Es fehlt ja an Baukapazitäten!

Ein ähnliches, mehrwöchiges Schicksal droht nun allen Kunden am Nordharz. Man kann nur hoffen, dass der Druck aus Salzgitter wenigstens bei einigen Strecken hilft, denn nun können ja auch keine Kalkzüge aus Rübeland und keine Stahlzüge nach Ilsenburg fahren. Denn wer immer noch glaubt, dass nach Sperrung umgehend die Gleisbaurotten ausschwärmen, um schnellstmöglich Ordnung zu schaffen, der übersieht, in welch erbärmlichen personellen und finanziellen Zustand die Bahn ist. Die letzten Millionen sind gerade in den Zukauf einer Logistik-Tochter in den USA gegangen, da bleibt für das deutsche Schienennetz halt nichts übrig…

Wir erinnern uns: Bei Schneefall werden Strecken tagelang für unbenutzbar erklärt, weil es keine Pflüge mehr gibt – abgeschafft. Bei Stürmen werden Strecken tagelang gesperrt, weil es an Geld für die Pflege der Grünstreifen fehlt. Übrigens immer noch. Und nun: Sperrungen wegen Hitze. Nochmal: Ein intaktes Gleis verwirft sich nicht.

Bei der Bahn bestimmen schon lange Öffentlichkeitsarbeit und Pressestellen, wo es langgeht, nicht mehr die Fachleute, die nach und nach das Weite gesucht haben. Das deutsche Schienennetz ist nach jahrzehntelanger CSU-Misswirtschaft im Verkehrsministerium, inzwischen würdig nachgefolgt von FDP-Minister Wissing, am Ende.

Im Nordharz Ersatz durch dichtes Linienbusnetz

Gottseidank gibt es am Nordharz ein ziemlich dichtes Linienbusnetz, welches immerhin Fahrten zwischen den Orten und eine grundsätzliche Erreichbarkeit der nächsten Bahnknoten sicherstellt, denn bis es einen brauchbaren SEV geben wird, vergehen noch Tage oder Wochen. Busfahrer und Busse sind inzwischen ja auch Mangelware in Deutschland.

Wer im Besitz eines Harz-Kursbuchs, Band 2 Busverkehr, ist, hat derzeit klare Vorteile, denn er kann nachsehen, welche Alternativen es gibt. Im INSA gibt es inzwischen auch „Tipps“ fürs Weiterkommen. Wir haben die verbliebenen Reisemöglichkeiten in einem zweiten Beitrag zusammengestellt.
Michael Reinboth

6. Nordharz II: Bankrotterklärung der DB Netz im Nordharz: Hier sind die Alternativen (Stand: 26.07.2022)
Auch wir wissen nicht, welche Strecken im Netz der Deutschen Bahn als nächste zur Stilllegung wegen Hitze anstehen. Ausgehend von dem, was wir wissen, bieten sich bis auf weiteres folgende Ersatzmöglichkeiten an, aufgelistet von West nach Ost.

Goslar – Vienenburg Harz-Kursbuch Tabelle B.2

Da fahren noch Züge (wenn nicht gerade andere Bauarbeiten angesagt sind…), nämlich die stündlichen Regionalbahnen Goslar – Vienenburg – Braunschweig und zurück. Außerdem verkehrt die Buslinie VRB-822 (HarzBus) Mo bis Sa alle 2 Stunden von Goslar über Wöltingerode nach Vienenburg und zurück.

Vienenburg – Halberstadt Harz-Kursbuch Tabellen B.2 und B.3

Ab Vienenburg Bahnhof verkehrt Mo-Fr alle 2 Stunden mit einigen Zusatzfahrten, am Wochenende grundsätzlich alle 2 Stunden die HVB-Linie 210 Vienenburg – Osterwieck – Halberstadt, die in Halberstadt Anschluss an die Züge nach und von Magdeburg und Quedlinburg hat. Mo-Fr bestehen in Osterwieck einige Anschlüsse nach und von Wernigerode (HVB-273). Die Anschlüsse in Vienenburg sind wegen des Ausfalls der Halberstädter Züge nicht optimal, aber man kommt sowohl von Goslar als auch von Bad Harzburg bis Vienenburg und von dort weiter, ebenso umgekehrt.

Bad Harzburg – Wernigerode Harz-Kursbuch Tabelle B.2

Es verkehren Mo-Fr 6 HVB-Kurse pro Richtung (Linie 270). Am Wochenende kann das Reisen nicht wirklich empfohlen werden, da der Verkehr in Stapelburg gebrochen wird und von Bad Harzburg dorthin ein Kleinbus der KVG pendelt.

Stapelburg – Ilsenburg – Wernigerode Harz-Kursbuch Tabelle B.2

Da kommt schon deutlich mehr Freude auf. Die HVB-Linie 270 verkehrt Mo-Fr ab Stapelburg praktisch stündlich, am Wochenende alle 2 Stunden. Mo-Fr verkehrt ab Ilsenburg zusätzlich die HVB-Linie 271 mit 7 Fahrten pro Richtung über Wasserleben. In der Woche gibt es mithin zwischen Ilsenburg und Wernigerode fast 30 Kurse pro Richtung.

Wernigerode – Halberstadt Harz-Kursbuch Tabelle B.3

Da ist ausreichend vorgesorgt. Einmal verkehrt Mo-Fr mit 15 Fahrten pro Richtung, am Wochenende alle 2 Stunden die HVB-Linie 231 über Derenburg und Langenstein nach Halberstadt und zurück. Mo bis Fr gibt es dann noch stündliche Verbindungen mit Umstieg in Athenstedt, wobei diese Kurse über Heudeber-Danstedt verkehren.

Wernigerode – Blankenburg Harz-Kursbuch Tabellen B.4 und B.5

Kein Problem. Mo bis Fr alle halbe Stunde eine Fahrt pro Richtung, immer im Wechsel nach Quedlinburg oder Thale bzw. zurück mit den HVB-Linien 230 und 250. Am Wochenende stündliche Verbindungen, ebenfalls im Wechsel nach Quedlinburg oder Thale und zurück.

Blankenburg – Thale Harz-Kursbuch B.4

Siehe oben, in Fortsetzung der Linie von Wernigerode Mo-Fr stündliches, am Wochenende zwei-stündliches Angebot pro Richtung (HVB-250).

Thale – Quedlinburg Harz-Kursbuch B.4

Mo-Fr dichtes Angebot mit gleich drei HVB-Linien. Am Wochenende verkehrt die Linie über Warnstedt alle zwei Stunden pro Richtung.

Quedlinburg – Aschersleben Harz-Kursbuch B.6

Hier gibt es zwei Linien. Die eine (über Hoym) ist schneller, weil direkter (KVG Salzland 140) und bietet Mo-Fr 10 Fahrten pro Richtung, wobei diese in Quedlinburg mit den Zügen nach und von Magdeburg – Halberstadt verbunden sind (so lange diese noch fahren). Die andere (über Gernrode – Ballenstedt, HVB 240) braucht länger, verkehrt dafür aber Mo-Fr jede Stunde pro Richtung und am Wochenende alle 2 Stunden. In der Richtung Aschersleben – Quedlinburg ergibt sich am Wochenende hierdurch ein Programm mit stündlich ähnlichen Abfahrtszeiten, in der Gegenrichtung mit stündlich ähnlichen Ankunftszeiten.

Aschersleben – Lutherstadt Eisleben Harz-Kursbuch B.7

Sollte DB Netz auf die Idee verfallen, auch noch zwischen Aschersleben und Halle die Strecke dichtzumachen, verbleibt als letzter Anker noch die Buslinie 410 der VGS, welche Mo-Fr stündlich, am Wochenende zweistündlich zwischen Aschersleben und dem Bahnhof Lutherstadt Eisleben pendelt. Die Hauptbahn Eisleben – Halle ist zweigleisig und sollte insoweit noch eine Weile durchhalten können!

Trotz der vielen Buslinien muss man Reisenden aus Richtung Ruhr, Hamburg oder Bremen nach Wernigerode wohl den Weg über Magdeburg empfehlen, so lange die Strecke Magdeburg – Halberstadt noch läuft. Auf diese Weise kommt man ja auch nach Quedlinburg. Aus Richtung Berlin nach Goslar – Bad Harzburg seien die Wege über Braunschweig (wenn die Weddeler Schleife frei ist, denn auch die wird ja immer wieder baubedingt dichtgemacht) oder Hannover empfohlen. Berlin – Aschersleben ist derzeit kaum irgendwie zu empfehlen, da die eigentlich freie Strecke von Dessau nach Aschersleben ist wegen planmäßiger Bauarbeiten bei Baalberge dicht, und über Magdeburg geht es ja wegen der Sperrung ab Staßfurt ja auch nicht. Da bleibt einstweilen nur der weite Bogen über Halle.
Michael Reinboth

7. Südharz: Züge fallen aus – oder auch nicht (Stand: 27.07.2022)
Die Deutsche Bahn ist immer wieder für Überraschungen gut. Wenn man glaubt, man habe da in Sachen Unfähigkeit, fehlender Flexibilität, bornierter Pressestellen und so weiter schon alles durch, kommt doch noch etwas Neues. Warum Böhmermann & Co immer so weit herumsuchen, um Stoff für ihre Satiren zu finden, ist mir ein Rätsel.

Seit einigen Tagen habe ich es mir angewöhnt, ob der zunehmenden Zugausfälle wegen Krankheit nach dem Aufstehen und vor dem Kaffee kochen erst mal im Navigator nachzusehen, wie es denn so läuft auf den Südharzer Schienen. Ob man jemanden warnen muss, weil etwas ausfällt, zum Beispiel. „Reparatur am Zug“ war zuletzt eine gern genommene Ausrede. Die kannte ich noch nicht.

Wie auch immer, heute früh fuhr mir dann doch der Schreck in die Knochen. Jeder zweite Zug zwischen Northeim und Nordhausen war mit „fällt aus“ markiert, ebenso in der Gegenrichtung. Das hatten wir zuletzt beim Weselsky-Streik im Sommer 2021. Wie kann das denn sein, über Nacht so viele Kranke? Dass zwischen Bodenfelde und Northeim mal wieder Schicht im Schacht war, überraschte da nicht wirklich. Die Dimension der anderen Ausfälle aber schon.

Näheres Hinschauen ließ Zweifel aufkommen – am Navigator oder jenen, die ihn bedienen. War früher bei uns im Rechenzentrum zu IBM 370-Zeiten eine beliebte Begründung: Computerfehler! Natürlich hatten wir etwas verbockt, der Computer an sich ist dumm und führt exakt das aus, was man eingibt. Also: Navigatorfehler? Immerhin würden im Vertrauen auf die Meldungen ja dutzende von Kunden fluchend das Weite suchen, und was der Navigator anzeigt, tut ja auch der Streckenagent und das tun auch die schönen kleinen Anzeigegeräte auf den vom Bahnpersonal geräumten Stationen. „Zug fällt aus“. Aber: Wieso in beiden Richtungen immer die RB81? Das ging eigentlich gar nicht, da die in Nordhausen ankommenden RB80 immer auf die RB81 wenden und umgekehrt. Das würde ja bedeuten, dass jeder Zug in Nordhausen eine Stunde herumsteht!

Am Telefon einige sinnlose Versuche, bei der Bahn irgendwen zu erreichen. Einen, der sich im Urlaub befindet, habe ich dann doch bekommen, und der hat sich trotz Urlaub auch gekümmert. Aber da waren die ersten drei Stunden schon rum. Also runter zum Bahnhof, der ist ja bei uns noch besetzt und der Fahrdienstleiter kennt mich aus vielen Kämpfen ums Kundenwohl. Natürlich würden die Züge fahren, aber das hätte er so auch noch nicht gesehen: Oben läuft durch „Zug fällt aus“, und darunter steht er und fährt gleich weiter. Heute früh habe er einige bereits wieder das Weite suchende Fahrgäste zurück gewunken: Ey, der Zug kommt doch! Wohl dem, der noch eine besetzte Station hat! Anderswo, also im Grunde an der Südharzstrecke überall, waren die Kunden nicht so gut dran. Es ist ja keiner mehr da, und wenn der Computer dann Mist anzeigt…

Ein Eingabefehler, ein Übermittlungsfehler, was weiß ich. Irgendjemand hat, wieder mal, Züge zwischen Bodenfelde und Northeim gestrichen, daraus wurde „die RB81 fällt aus“ und daraus wiederum das Informationschaos des heutigen Vormittags. Irgendwann haben sie es dann gemerkt und den Navigator wieder in Ordnung gebracht.

Aber das Erlebte ist typisch für die Deutsche Bahn heute. Keiner fühlt sich wirklich verantwortlich, jeder wurschtelt in seiner Nische herum, Bock hat keiner und ob der völligen Verarmung des Wissens über Züge und ihre Eigenschaften blickt auch keiner mehr so richtig durch. Hinzu kommt die totale Gläubigkeit an den Computer, an „das Netz“: Was da drinsteht, muss doch stimmen. Tut es aber nur dann, wenn der Eingebende weiß, was er macht. Und von dieser Sorte Mitarbeiter gibt es bei der DB leider immer weniger. Und die, die es noch gibt, müssen ob dieser geballten Ladung Unfähig- und Lustlosigkeit resignieren. Oder haben es schon. Und oben sitzen die satt verdienenden Manager, ab und an ja auch abgewählte Politiker mit Versorgungshintergrund, und denken sich mit Hilfe von auch gut bezahlten, des Bahnbetriebs aber vollkommen ungewohnten Kommunikationsmanagern immer neue schicke Programme aus wie „Starke Schiene“. Wie hieß es doch 1989: „Stasi in die Produktion“. 2022 kann man da nur sagen: Schickt die ganzen Sesselgrößen an die tägliche Bahnfront, lasst sie einen Tag auf dem Bahnhof Northeim oder Kreiensen die Kunden beruhigen. Wenn sie dann noch Lust haben, sich wieder ein neues schickes Motto auszudenken, wie wäre es mit „Wir fahren immer“ oder „Wir fahren bei jedem Wetter“?

Ach so, das stimmt ja auch nicht mehr.
Michael Reinboth

8. Update zur Nordharz-Katastrophe: Wieder Züge zwischen Goslar und Wernigerode (Stand: 27.07.2022)
Dem eigentlichen Update für die Reisemöglichkeiten sei eine Aufklärung vorangestellt. Nicht oder nicht nur die Hitze macht den Gleisen zu schaffen, sondern die DB Netz hat offenbar – Qualitätskontrolle hin, Qualitätskontrolle her – wieder einmal so billige und schlechte Betonschwellen beschafft, dass diese auch ohne Sonne und einfach so zerbröseln.
Alte Reichsbahn-Kunden erinnern sich dunkel – da war doch mal was mit Alkali-Schwellen? Richtig, und exakt denselben Murks hat man bei DB Netz nun wieder fabriziert. Oder fabrizieren lassen. Vermutlich waren die Schwellen sehr preiswert, und man konnte einen höheren Gewinn an den Vorstand abführen, mehr Boni kassieren und ansonsten alles der Phantasie der auf den Gleisen herumfahrenden EVU überlassen.

Wie auch immer, kaputt ist kaputt, und das gute alte Langsamfahren kommt anscheinend auch aus der Mode. Zwar wird es im zentralen Pressetext der DB und dem der Pressestelle Leipzig noch erwähnt, aber am Nordharz in keinem einzigen Fall praktiziert. Macht vermutlich Arbeit, Schilder aufstellen und immer mal gucken und so. Da ist es doch spürbar preiswerter, gleich eine Sperrtafel einzurammen. Kunde? Wieso Kunde?

Bis Mitte August soll der unwürdige Zustand dem Vernehmen nach andauern. Das dürfte, wer die DB Netz in all ihrer Unfähigkeit kennengelernt hat, stark untertrieben sein, und den „Hochdruck“, mit dem man vorgeblich tätig sei, den gibt es nur im Kaffeeautomaten der Pressestellen.

Nostalgie-Zug pendelt zwischen Goslar und Wernigerode

Aber nun zum Positiven. Zwischen Goslar und Wernigerode rollen sie wieder, die Züge. Wohl auch, um eine Abschaltung der Walzstraßen in Ilsenburg zu vermeiden. Aber eben auch, man höre und staune, für Fahrgäste! Wie dieses?

Nun, Abellio oder die NASA waren so vorausschauend und haben wegen des 9-Euro-Tickets und des zu erwartenden Andrangs einen guten alten Wendezug von privater Seite angemietet, einen richtigen Zug eben, mit einer 218 davor und drei zwar nicht wirklich barrierefreien, aber stabilen und mit zu öffnenden Fenstern (!) versehenen Waggons, unverwüstlich und mit einer Technik ausgestattet, die allem standhält.
Dieser Zug befand sich zum Zeitpunkt der überhastet und ohne Sinn und Verstand ausgesprochenen Sperrung auf der richtigen, der Goslarer Seite der Strecke, die – vorerst jedenfalls – von den Sperrungen nicht betroffen ist. Und so kann unser Nostalgie-Express nun pünktlich im 2-Stunden-Takt seine Runden zwischen Goslar und Wernigerode drehen.
Allerdings nur bis gegen 20 Uhr, die Dienstzeit des Personals ist ja auch da bestimmten Auflagen unterlegen. Aber er fährt und beschert wenigstens Wernigerode und Ilsenburg ein sogar fahrradgerechtes Rumpfangebot.

Warum es Abellio nicht zuwege bringt, einen Triebwagen auf die Goslarer Seite zu schaffen, um den Stundentakt zu komplettieren, bleibt ein Rätsel – man muss ihn ja nicht tragen, sondern kann ihn über Magdeburg (Streckenkenntnis vorhanden) – Braunschweig nach Goslar überführen. Einen Lotsen für das dem Abellio-Personal unbekannte Terrain würde man wohl finden können.

Jenseits von Wernigerode bleibt es dunkel. Abellio bemüht sich um einen halbwegs adäquaten SEV, der nun auch nach und nach anläuft, aber von den Fahrzeiten her naturgemäß keinerlei Vergleich erlaubt. Alles, was nicht am Harzrand entlang muss, sollte es über Braunschweig, Magdeburg und Halle versuchen.
Ausgerechnet wir müssen den Leuten nun raten: Meidet den Harz! Schlimmer geht es nicht mehr.
Michael Reinboth

 

 

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