News vom 01.02.21 bis 28.02.21

1. Deutschlandtakt Spezial: 

2. Bahnstillstand im Harz-Weser-Netz - Eine Woche lang keine Züge im Harz-Weser-Netz? (Stand 09.02.2021)

3. Harz-Weser-Netz: Vollständiges Organisationsversagen der Deutschen Bahn Netz (Stand 10.02.2021)
4. Harz-Weser-Netz: Unfähig, unfähiger, DB Netz – oder: Das einwöchige Winterdrama in Niedersachsen (Stand 12.02.2021)

5. Deutschland: Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) wirft DB-Winterdienst organisatorisches Versagen vor - Initiative begrüßet die NEE Schreiben an
Verkehrsminister Scheuer (CSU) und Dr. Gruß (DB Netz AG)
(Stand 12.02.2021)

6. Nachlese zum Winterchaos: Initiative schrieb an Eisenbahnbundesamt (EBA) und Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) - Zuschriften an Initiative zum Winterchaos (Stand 25.02.2021)

 

6. Nachlese zum Winterchaos: Initiative schrieb an Eisenbahnbundesamt (EBA) und Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) - Zuschriften an Initiative zum Winterchaos (Stand 25.02.2021)
Schreiben an das Eisenbahnbundesamt

 

Eisenbahn-Bundesamt
Außenstelle
Herschelstraße 3
30159 Hannover

15.02.2021

Beschwerde über Schlechtleistung der DB Netz im ehemaligen Harz-Weser-Netz

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit legen wir ihnen als Aufsichtsbehörde über den Bahnbetrieb in Niedersachsen eine Beschwerde über die Schlechtleistung der DB Netz in der Region zwischen Braunschweig, Goslar und Göttingen, also dem ehemaligen „Harz-Weser-Netz“, in der Zeit vom 07.02. bis zum 15.02.2021 vor und bitten Sie, den Ursachen nachzugehen und DB Netz zur nachhaltigen Verbesserung des für uns Kunden unerträglichen Zustands zu bewegen.

Am Samstag (06.02.) setzten abends Schneefälle ein, die, anfangs gepaart mit starken Ostwinden, bis Montagabend (08.02.) anhielten. Die Schneehöhen bewegten sich zwischen 60 und 80 cm, also an sich für den Bahnbetrieb erträglichen Höhen, allerdings traten stellenweise Verwehungen ein. Ab Montag sanken dann die Temperaturen auf bis zu minus 20 Grad ab, der Schneefall allerdings hörte auf und hat bis heute (14.2.) nicht wieder eingesetzt.

Bereits am Sonntag wurde der Zugverkehr im Harz-Weser-Netz eingestellt. Hierfür und für die weitere Einstellung am Montag, ggf. bis zum Morgen des Dienstags, kann man durchaus Verständnis aufbringen, wenngleich solche Betriebsverhältnisse früher bei der Bahn allenfalls zu Verspätungen und gelegentlichen Ausfällen, keinesfalls aber zum Stillstand eines ganzen Netzes mit mehreren hundert Kilometern Länge geführt haben. Aber die Bahn ist leider zu einem Schönwetter-Unternehmen verkommen, bei dem jeder Ast und jede Schneeflocke auf den Gleisen stört. Zudem scheint es mit der viel gepriesenen Infrastruktur (beheizte Weichen allenthalben, an strategisch wichtigen Punkten aufgestellte Räumtrupps usw.) nicht allzu weit her zu sein.

Keinerlei Verständnis haben wir dafür, dass es bis zum Abend des Donnerstags brauchte, um wenigstens auf einer einzigen Strecke (Northeim – Nordhausen) den Zugverkehr wieder aufzunehmen, wobei dieser am Freitag, Samstag und heute weiterhin durch eingefrorene Weichen behindert wurde (und wohl weiter wird) und erst ab 11 Uhr leidlich regelmäßig lief. Die Verlängerungen nach und von Göttingen entfielen weiterhin, wer dorthin wollte, musste in Northeim 30 Minuten auf den „Metronom“ warten, der wiederum wegen eingefrorener Weichen und um geleiteter ICE auf der Leinetalstrecke nicht pünktlich war. Es folgten Braunschweig – Salzgitter-Bad und schließlich Hildesheim – Bad Harzburg. Alle anderen Strecken waren bis Montag (!) nicht wieder am Netz, obwohl sie nach eigener Darstellung der DB Netz geräumt wurden. Nun fehlte angeblich das Personal, um bei Störungen (mit denen man offenbar reichlich rechnet) eingreifen zu können. Deswegen waren DB Regio, Erixx und Nordwestbahn weiterhin zum Stillstand verdonnert, Ausgang ungewiss.

Es zeigt sich, dass DB Netz in keiner Weise auf einen „normalen“ Winter mit Schneefall und Frost vorbereitet ist. Es gibt zu wenig Personal, kaum Räumgerät, Pflüge und Fräsen müssen erst von irgendwo her organisiert werden. Verträge mit Dritten (Baubetriebe im Schlechtwetterzustand u.a.m.) wurden und werden offenbar nicht mehr abgeschlossen. Solche Trupps standen früher an vielen Bahnhöfen bereit, um bei Dauerschneefall Weichen freizuhalten, Bahnsteige zu fegen und so weiter. Dass ein ganzes Netz über Tage hinweg außer Betrieb ist, nimmt man offenbar bei DB Netz billigend in Kauf.

Wir erheben hiermit den Vorwurf eines groben Organisationsverschuldens seitens der leitenden Mitarbeiter der DB Netz in unserer Region, hierzu aber wohl veranlasst durch die auf gute Zahlen erpichte Zentrale dieses DB-Unternehmens. Wissentlich hat man auf eine korrekte und ausreichende Wintervorbereitung verzichtet und es lieber „darauf ankommen lassen“ – was einige Jahre lang gutgeht, dann aber nicht mehr.

Auf den nicht betriebenen Strecken hat es einzig die Nordwestbahn geschafft, ab Freitag einen leidlich verlässlichen SEV mit Bus auf die Beine zu stellen und diesen auch zu publizieren. Erixx hat einen SEV zwischen Braunschweig und Vienenburg organisiert, allerdings ohne Angabe von Fahrzeiten. DB Regio hat sich der Konzernschwester angeglichen und verwies auf Bus-Notverkehre, nannte aber weder Fahrzeiten noch Taktung, was im Endeffekt dazu führte, dass sich niemand aufgrund dieser vagen Hinweise zum Bahnhof begab.

Das Verhalten von DB Netz wird mit heroischen Filmchen im konzerneigenen Internet-Auftritt verklärt, was stark an das DDR-Fernsehen und die Bilder beim „Kampf um die Braunkohle“ oder ähnlichem erinnert. Was bei uns diesbezüglich hängenbleibt, ist die Frage, wieso nicht das gesamte Personal der Pressestellen und die Filmemacher zum Schneeräumen herangezogen worden sind – auf den Räumfahrzeugen mitgefahren sind sie ja! Für solche Dekoration ist Geld vorhanden, für die Sicherstellung des Zugbetriebs aber nicht.

Das Verhalten von DB Netz führt aber, um auf die Langfristfolgen einzugehen, dazu, dass die Kunden im Harz-Weser-Netz der Eisenbahn scharenweise den Rücken kehren, ihre Abos kündigen und auf die Straße abwandern. Sie zu verlieren, war eine Sache weniger Tage. Sie wieder zu gewinnen, wird Jahre dauern. Insoweit hat DB Netz mittelbar dem System Eisenbahn massiven Schaden zugefügt.

Eine Eisenbahn, das war jedenfalls „früher“ das Motto, fährt immer und bei jedem Wetter. Die DB fährt im Sommer nicht, weil die Klimaanlagen ausfallen (was nicht an DB Netz liegt), im Herbst nicht, weil Bäume auf den Gleisen liegen (was sehr wohl an DB Netz und dem Unvermögen liegt, Strecken anständig freizuschneiden) und im Winter nicht, weil es schneit oder die Temperatur unter null Grad sinkt. Im Frühjahr geht es noch, aber in diesem Frühjahr läuft nun wieder die GDL zur Hochform auf und wird die letzten verbliebenen Kunden in die Autos jagen.

Wir setzen uns seit Jahrzehnten dafür ein, dass die Eisenbahn endlich wieder den Stellenwert erhält, der ihr im Verkehrssystem der Bundesrepublik zusteht und den sie u.a. aus Gründen des Klimaschutzes und der Verkehrswende auch haben muss. Wir müssen erkennen, dass diese Zielsetzung immer wieder am völligen Unvermögen des Unternehmens Deutsche Bahn AG und ihrer Konzerntöchter scheitert. Die bewährte Organisation des „Harz-Weser-Netzes“ wurde von irgendeinem neuen Besen, der mal kehren wollte, mutwillig zerschlagen. Das Resultat solchen Bemühens sehen wir jetzt: Nichts geht mehr, die Ressourcen sind in alle Winde zerstreut und keiner weiß, wo die Schlüssel für die Schneeräumgeräte und anderes mehr liegen. Selbst Heizöl für die wenigen vorhandenen Weichenheizungen wird vergessen zu bestellen – nun kann das Lieferauto wegen hoher Schneelage nicht mehr zu den Heizhäuschen hinfahren…

Sehr geehrte Damen und Herren, sie setzen sich mit ganz anderem Aufgabenzuschnitt als wir, aber doch ebenso für die Bahn als Verkehrsmittel ein. Deswegen richten wir aus Anlass der Organisationskatastrophe bei DB Netz die Bitte an Sie, sich ein Bild der Lage zu verschaffen, die Mängel und Versäumnisse bei DB Netz aufzudecken (ihnen wird man anders als uns den Datenzugang nicht verwehren können) und die Verantwortlichen dort zu massiven Investitionen in Weichenheizungen, Räumgerät und Räumpersonal zu veranlassen.

Wir würden uns freuen, von Ihnen über Fortschritte in dieser Angelegenheit zu hören. Als kleinen Nachweis unseres ansonsten durchaus konstruktiven Bemühens füge ich zwei „Harz-Kursbücher“ bei. Bis auf weiteres dürfen Sie aber nur die dort angegebenen Busverbindungen als wirklich zuverlässig ansehen – der Busverkehr wurde, beginnend mit Mittwoch, wieder hochgefahren, die Züge fahren immer noch nicht.

Vielen Dank!

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag


Michael Reinboth
 

Schreiben an die Landesnahverkehrsgesellschaft

 

Frau
Carmen Schwabl
Geschäftsführerin
Landesnahverkehrsgesellschaft
Kurt-Schumacher-Straße 5
30159 Hannover


15.02.2021

Nach Schneefall mehr als eine Woche lang kein Zugverkehr im Harz-Weser-Netz

Sehr geehrte Frau Schwabl,

es ist sehr bedauerlich, dass wir uns immer dann an die LNVG wenden müssen, wenn etwas nicht läuft. Seien Sie versichert: Auch uns wäre es andersherum wesentlich lieber. Gern hätten wir die Fortschritte im Fahrplan wie den sonntäglichen Stundentakt zwischen Seesen und Herzberg in den Vordergrund gestellt. Doch immer wieder machen uns katastrophale Mängel bei der Bahn einen Strich durch die Rechnung. Nach einer Woche extremer Schlechtleistungen durch DB Netz werden wir von vielen gefragt, wieso wir uns noch für die Bahn einsetzen würden, bei der doch nichts klappt.

Der Schneefall in Südniedersachsen war gewiss nicht unerheblich, aber – jedenfalls was den Südharz betrifft – keineswegs schlimmer als in früheren Wintern, die allerdings länger zurückliegen. Auch die Minustemperaturen sind bis heute beachtlich, aber auch sie übersteigen ein früher durchaus übliches Maß keineswegs. Der Unterschied zu früheren Wintern ist allerdings der, dass „damals“ die Züge immer fuhren, während wir gut eine Woche lang mit einem Netz konfrontiert waren, in dem 5 Tage nach Beginn und 4 Tage nach Ende des Schneefalls auf gerade einmal zwei Strecken wieder Züge fuhren, von denen nur eine (Northeim – Nordhausen) eine gewisse Länge aufweist, aber auch nicht vollständig betrieben wurde, da die Züge sämtlich in Northeim begannen und endeten und nicht bis Göttingen oder Bodenfelde durchfuhren. Die andere war das kurze Stück zwischen Braunschweig und Salzgitter-Bad. Die dritte betriebsfähige Strecke von Salzderhelden nach Einbeck Mitte fällt in die Zuständigkeit der Ilmebahn (und war vielleicht gerade deswegen betriebsbereit). Von den nicht von DB Regio befahrenen Linien ging auch nur die Strecke Hildesheim – Bad Harzburg am Freitag mit Ach und Krach wieder in Betrieb.

Der „Wintereinbruch“ im Februar traf auf eine DB Netz, die in keinem einzigen Punkt vorbereitet war, auch wenn die Pressestelle regelmäßig anderes behauptet. Die Räumarbeiten begannen am Donnerstag, also geschlagene drei Tage nach Ende der Schneefälle, und wurden recht gemütlich Strecke für Strecke durchgeführt mit dem Ergebnis, dass man bis heute noch nicht fertig ist. Weichen sind eben nicht beheizt, sonst würden sie nicht allesamt zufrieren. Dort, wo eine Heizung vorhanden ist (wie in Walkenried), wurde – nicht zum ersten Mal – das nötige Heizöl nicht rechtzeitig beschafft. Räumtrupps standen nur in unzureichender Anzahl zur Verfügung. Wortreich wird erklärt, dass bei zugeschneiten Weichen die Heizung nicht mehr hilft – wie wäre es also damit, bei erkennbarer Wetterprognose Weichenräumtrupps wenigstens an strategisch wichtigen Stationen zu positionieren, wie das früher – u.a. durch Rekrutierung von Maurern, Tiefbauleuten usw., die in dieser Zeit nicht arbeiten können – üblich war? Auch DB Station & Service hatte es mit dem Räumen der Bahnhöfe und Bahnsteige nicht wirklich eilig. Beräumte Strecken wurden gleichwohl über Tage hinweg nicht freigegeben, weil, so DB Netz gegenüber „Erixx“ und der Nordwestbahn, das nötige Personal für die Behebung von Störungen fehlen würde. Da lässt man lieber mehrere Tage lang eine betriebsfähige Strecke wie Göttingen – Ottbergen ohne Zugverkehr.

Solch kapitale Fehlleistungen eines Infrastrukturunternehmens, dass sich zugleich noch auf ein hohes monopolistisches Ross schwingt und Rückfragen nach dem „Warum“ nicht gestattet, haben wir noch nie erlebt. Am Sonntag, 14.2., „beschied“ man uns, dass wir doch bitte nach 20 Uhr nachsehen sollten, ob und wenn ja was am Montag fahren könnte. Ob es das dann auch tut, hängt wieder von den Nachttemperaturen ab, da man – nach 5 Nächten Dauerfrost – weder Personal noch Auftaugerät vorhält, um an kritischen Stellen eingreifen zu können. Die Züge der Strecke Northeim – Nordhausen benötigten an allen 3 Tagen frühmorgens mehrere Stunden Anlauf, um in einen leidlich geordneten Betrieb überzugehen. „Rechnen Sie weiter mit Ausfällen und Verspätungen“ wird es dann lapidar im Internet heißen.

Leider bleibt solches Gehabe, verbunden mit dem fehlenden Eingeständnis, dass man sowohl personell wie technisch am Ende ist, nicht ohne Folgen. Uns erreichen Tag für Tag Meldungen, wonach verzweifelte Kunden ihre Abos kündigen und wieder auf das Auto umsteigen. Mühsam errungene Marktanteile sind binnen weniger Tage verlorengegangen. Wenn nicht alles täuscht, kommen im März weitere abhanden, wenn nach Ende der Witterungsprobleme die GDL zu Streikmaßnahmen aufruft, die wieder in erheblichem Umfang genau das Netz treffen, welches jetzt schon massiv betroffen war und ist. In dem absurden Theaterstück „Wer ist die bessere Gewerkschaft?“ spielen Interessen der Kunden schon gar keine Rolle mehr. Die Deutsche Bahn und ihre Tarifpartner kreisen zunehmend um sich selbst.

Es fällt unter diesen Umständen schwer, sich weiterhin für den Verkehrsträger Eisenbahn einzusetzen, ohne sich der Lächerlichkeit preiszugeben. Auch der LNVG kann doch solches Treiben nicht egal sein. Das ahnen wir nicht nur, das wissen wir. Aus diesem Grund ersuchen wir Sie dringend, beim Infrastrukturbetreiber DB Netz anzufragen, ob ihm die katastrophalen Konsequenzen seines Tuns überhaupt bewusst sind und was er zu tun gedenkt, um in künftigen Fällen den Betrieb gar nicht erst einstellen zu müssen bzw. ihn binnen Stunden wieder aufnehmen zu können. Ferner bitten wir darum, bei kommenden Fahrgastzählungen (nach Corona) in unserem Netz zu berücksichtigen, in welch erheblichem Maß hier Vertrauen durch das Verhalten der DB Netz verloren gegangen ist, welches mühsam – wohl über Jahre hinweg – erst wieder zurückgewonnen werden muss.

Bei erkennbar fehlendem Willen muss in letzter Konsequenz über die Schaffung einer landeseigenen Infrastrukturgesellschaft nachgedacht werden. Bis auf weiteres halten wir die DB Netz für unfähig, den Betrieb abseits der Magistralen auch nur ansatzweise zuverlässig zu gestalten.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

Michael Reinboth
 

Zuschriften an die Initiative zum Winterchaos

Zu unseren Newslettern erhielten wir viele Eindrücke und Ergänzungen von Reisenden und Eisenbahnern, die wir hier Auszugsweise veröffentlichen:

... Es ist ein Jammer, 25 cm Schnee und die Bahn streicht die Segel, oder richtiger, die Züge.
Fahrdienstleiter trauen sich nicht, ihre beheizten Weichen zu bedienen, die Fahrstraßen waren z. B. auf der Verbindung Magdeburg-Helmstedt so eingestellt, dass ALLE Züge, egal ob IC oder 2000t-Güterzug, durch die Nebengleise der Bahnhöfe fahren mussten, an denen die Bahnsteige liegen, damit die Regionalbahnen die Bahnsteige auch erreichten. Das Zurückstellen der Weichen ins durchgehende Hauptgleis wurde unterlassen, aus Angst vor Störungen. Was das an Zeit- und Energieverlust für durchfahren Züge bedeutet, muss ich wohl nicht erklären. Und dieses Disaster hat keine Konsequenzen für die Ebene des Managements. Diese unfähige Bande gehört ohne Boni und andere Annehmlichkeiten umgehend aus dem Betrieb entfernt...

 

... Hannover - Göttingen wurde nach knapp 28 Jahren letztes Jahr zum 2. Mal umfassendst für einen dreistelligen Millionenbetrag aus Steuermitteln saniert. Aber gestern fuhren die wenigen unterwegsbefindlichen ICE durch das Leinetal - das ging auch mit durchschnittlich Tempo 80 hinter dem Metronom schneller als auf der NBS, wo der Eisenbahnbetriebsleiter Bummeltempo verordnet hatte... Eine Tau- und Schönwetter-NBS durch norddeutsche Mittelgebirge, mal wieder eine völlig neue Er"fahr"ung ...

 

... Ich kriege das hier in Kreiensen alles hautnah mit. Schnellfahrstrecke gesperrt, ICE über alte Nord Süd Strecke, kaputter ICE blockiert Bahnsteiggleise Metronom kann daher nicht halten, Ostseite des Bahnhofs nicht geräumt... ein Trauerspiel ...

 

... Vor 150 Jahren haben Bahnbauer noch Winter gekannt. Winterfeste Bahnstrecken aber sind heute zu teuer, darum werden neue nur noch für Sommerreisende gebaut. Vor 150 Jahren konnte niemand mal eben auf Auto ausweichen, heute geht das sehr bequem. Unzuverlässigkeit ist zum größten Konkurrenten der Bahn geworden und hat deren Vorzüge längst überholt ...

 

... Kurz vor Beginn des Tauwetters war nach 5 Tagen die Fräse bereits aus Rosenheim angekommen. Nun taut es. Und wenn es Lokführer und Lotsen gibt, kann die Fräse - vielleicht ungenutzt - geordnet zurück. So hat sie wenigstens mal eine landschaftlich schöne Probefahrt geschafft ...

 

5. Deutschland: Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) wirft DB-Winterdienst organisatorisches Versagen vor - Initiative begrüßet die NEE Schreiben an
Verkehrsminister Scheuer (CSU) und Dr. Gruß (DB Netz AG)
(Stand 12.02.2021)
Links zur NEE:

https://www.netzwerk-bahnen.de/news/winter-bei-der-db-ein-brief-an-herrn-bundesminister-scheuer-anlaesslich-seiner-danksagung-auf-twitter.html

Briefe:

https://www.netzwerk-bahnen.de/assets/files/news/2021/2021_02_09_schreiben_scheuer_untersuchung_winterdienst.pdf

https://www.netzwerk-bahnen.de/assets/files/downloads/2021/2021_02_12_schreiben_gruss_brueckmann_winterdienst.pdf

 

4. Harz-Weser-Netz: Unfähig, unfähiger, DB Netz – oder: Das einwöchige Winterdrama in Niedersachsen (Stand 12.02.2021)
„Höchste Eisenbahn für den Südharz“ erklärt hiermit zum wiederholten Male, dass überhaupt kein Grund besteht, einen einzigen Eisenbahner für das zu kritisieren, was sich seit dem vergangenen Sonntag auf den Schienen in Südniedersachsen und angrenzenden Regionen abgespielt hat. Oder vielmehr: Nicht abgespielt hat, denn auf den allermeisten Strecken, die nicht gerade von ICE oder zahlreichen Güterzügen bevölkert werden, hat sich ja nunmehr eine ganze Woche lang nichts abgespielt.

Eine geschlagene Woche lang keine Züge auf hunderten von Bahnkilometern, das ist, selbst wenn man die Dimension des Schneefalls und die Minusgrade danach einbezieht, schon beeindruckend, und zwar in ganz und gar negativem Sinne.

Nein, die Kritik richtet sich an ein vollkommen unfähiges Management des Unternehmens DB Netz. Dieses für eine immer noch wichtige Infrastruktur in unserem Staat verantwortliche Unternehmen ist vollkommen ausgeblutet. Es mangelt an allem: Kein Personal, kein Gerät, keine geeigneten Fahrzeuge zum Räumen… In diesem Winter setzt sich die traurige Geschichte der Frühlings- und Herbststürme mit ihren tagelangen Streckenblockaden, der vergessene Baumrückschnitt, in noch schlimmerer Weise fort.

Auf den Homepages des Konzerns flimmern einem beeindruckende Bilder von heroisch gegen den Schnee ankämpfenden Menschen entgegen, quasi als Aufmacher für die nachfolgenden Erklärungen, warum was mal wieder nicht geht. Das eigentliche Problem, der Mangel an allem, der Mangel vor allem an Vorausschau, der durch die Jagd nach guten Zahlen und dem eigenen Bonus vollkommen getrübte Blick für die Wirklichkeit dieses heruntergewirtschafteten Unternehmens, wird natürlich nicht erwähnt.

„Bestens vorbereitet“ sei man, „für den Winter strategisch gut aufgestellt“ und derlei Worthülsen mehr. Ach ja, „mit Hochdruck“ muss noch genannt werden, diese alberne, aber gerade in Pressestellen doch sehr beliebte Formulierung. Mit was, bitteschön, soll man denn sonst arbeiten, wenn ganze Streckennetze deswegen unter Schnee gegraben liegen, weil es leider zuvor am „Hochdruck“ bei der Beschaffung von Schneepflügen und Räumgerät gemangelt hat?

So ganz weit her war es in den letzten Tagen mit dem Hochdruck aber doch wieder nicht. Anders ist der Skandal, dass auch eine Woche nach den letzten Schneeflocken immer noch diverse Strecken der Inbetriebnahme harren, nicht zu erklären. Im „Harz-Weser-Netz“ ist, Stand Freitag (12.2.), exakt eine Strecke, nämlich Northeim – Nordhausen, wieder befahrbar. Alle anderen von DB Regio befahrenen Strecken sind bis zum Abend des 14.2. weiterhin dicht – mindestens. Der Betreiber der Züge, also DB Regio, hält sich mit Kritik naturgemäß bedeckt, es geht immerhin um eine Konzernschwester.

Aber auch auf anderen Strecken im „Harz-Weser-Netz“ tut sich wenig bis nichts. Die dortigen Betreiber sind DB Netz allerdings nicht verbunden, sondern müssen – wie auch DB Regio – Kilometer für Kilometer teure Trassenpreise entrichten, als deren Gegenleistung ein funktionierendes Netz zur Verfügung stehen sollte.
Da liest man dann u.a. bei „Erixx“: Die Strecke Braunschweig – Vienenburg ist geräumt, wir möchten gern fahren, aber DB Netz gibt die Strecke nicht frei.“
Noch konkreter wird die „Nordwestbahn“. Ihr hat nämlich DB Netz mitgeteilt, dass die Strecke Göttingen – Ottbergen sehr wohl wieder freigeräumt sein und im Grunde auch befahren werden kann. Aber sie wird dennoch nicht freigegeben, weil das tagelang geforderte Personal erst einmal eine Verschnaufpause braucht, die bis einschließlich Sonntagabend dauern soll. Vielleicht auch länger. Bis dahin sind die Gleise wieder verweht.
Die NWB und „Erixx“ haben Fahrzeuge und Personal bereitgestellt – vergebens. Der auf hohem Ross sitzende, aber ansonsten unfähige Monopolist diktiert das Geschehen.

Jedes andere Unternehmen, dass sich seinen Kunden gegenüber so verhält, kann am Folgetag Konkurs anmelden. Bei DB Netz ist der moralische Konkurs schon längst eingetreten, denn man schämt sich  solcher katastrophaler Leistungen nicht einmal mehr, sondern lässt die betroffenen Verkehrsunternehmen locker im Schnee stehen. „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s gänzlich ungeniert“ – das wäre eigentlich ein Spruch, der sich über Eingangstür der Zentrale von DB Netz gut machen würde.

Die Verkehrsunternehmen, die tagelang zusehen müssen, wie beräumte Strecken weiter gesperrt bleiben, müssen sich gegenüber den Aufgabenträgern dann rechtfertigen, wenn die Fahrgastzahlen einbrechen – nicht coronabedingt, sondern schlicht deswegen, weil aus dem einstigen „Wir fahren bei jedem Wetter“-Unternehmen ein trauriger Verein geworden ist, der im Sommer bei allzu großer Hitze Probleme bekommt, im Herbst, wenn der Wind weht, schwächelt und im ersten richtigen Winter nach vielen Jahren umgehend die Segel streicht und so jedwedes Vertrauen verspielt. Bei Wetterlagen wie diesen war die Schiene früher bekannt dafür, ihre Kunden sicher ans Ziel und zurück zu bringen. Heute muss man erst einmal den Wetterbericht studieren, bevor man eine Reise mit der Bahn antritt: Könnte der Wind wehen? Könnte es schneien? Könnte es heiß werden? Und die Tageszeitung: Hat Weselsky wieder Lust zu streiken? Dann gibt man besser die Fahrkarte zurück. Die Tage, an denen man ganz frei von Sorgen mit dem Zug reisen kann, werden immer weniger.

Bernhard Reuter und die seinen müssen sich auch an den Kopf greifen. Die Leute im Kreistag auch. Sie setzen eine respektable Tarifreform um, die gerade Pendlern über weite Strecken das Leben erleichtert. Genau die aber müssen sich in Anbetracht des Erlebten dreimal überlegen, ob sie sich ein Abo für ein Verkehrsmittel zulegen, welches in keinster Weise mehr kalkulierbar ist.

Die Leute in den Schneeflügen und Schneefräsen, die Leute, die aufgrund kaputter Weichenheizungen mit dem Besen auf den Schienen standen, sie alle haben einen wahrhaft guten Job gemacht. Sie können ja nichts dafür, dass es viel zu wenig Pflüge und Fräsen gibt. Sie können auch nichts dafür, dass es zu wenig Leute gibt, die ihre Schichten übernehmen, wenn sie eine – verdiente – Pause brauchen. Sie haben das Unternehmen ja nicht kaputtgespart. Das haben andere, die stolze Reihe der CSU-Verkehrsminister, der „Bahnchef“ Mehdorn, die heutigen Manager, die den lieben langen Tag an immer wieder neuen Organisationsformen basteln, um die Schwächen der alten zu übertünchen, aber damit immer nur noch mehr Chaos anrichten. Wahrscheinlich hat es auch deswegen so lange gedauert, weil keiner mehr wusste, wer eigentlich zuständig ist und wer die Schlüssel für die Fahrzeuge hat.

DB Netz ist moralisch und organisatorisch am Ende. Der Versuch, mit Methoden aus der freien Wirtschaft ein Infrastrukturunternehmen zu betreiben, ist gescheitert, krachend gescheitert. Die Interessen der Kundschaft spielen schon lange keine Rolle mehr, im Management geht es nur noch um die eigene Position, gute Zahlen müssen her, koste es was es wolle. Zur Lösung des Problems gibt es zwei Ansätze: Erstens eine vollständige Rückverstaatlichung der „DB Netz AG“, um endlich das Gehabe des Managements durch eine Rückbesinnung auf die eigentliche Aufgabe zu ersetzen, nämlich eine wie ein Uhrwerk Tag und Nacht und bei jedem Wetter funktionierende Infrastruktur hinzustellen und zu betreiben, oder zweitens eine Herauslösung der vom Berliner Management als nur noch lästig empfundenen Strecken in der Fläche, um sie verantwortungsbewussten und ortsnahen Leuten einer Landesbehörde oder einer Landesbahn anzuvertrauen. Die „Bentheimer Eisenbahn“ hat ihre Strecke auch im Schneetreiben weiter bedient. Die Leute dort wissen eben, dass der Betrieb einer Strecke die Erträge bringt und nicht das wochenlange Nichtbetreiben.

So oder so, es muss etwas geschehen. Die Bahn ist ein Hoffnungsträger inmitten des Klimawandels und der Verkehrswende. Mit diesem Unternehmen DB Netz AG können wir das aber ganz schnell vergessen. Die bekommen nichts auf die Reihe, gar nichts.

Wer angesichts solcher Worte in den Zentralen der DB Netz AG (ich wüsste derzeit nicht, wo ich fragen sollte – es ist ja mal wieder alles über den Haufen geworfen worden) Schnappatmung bekommt, dem sei gesagt, nur als kleines Beispiel: Ich bin von 1963 bis 1975 tagtäglich mit dem Zug im Südharz zur Schule und zur Arbeit gefahren, oft mit dem allerersten Zug des Tages. Bei extremen Schneefällen gab es mal eine Verspätung, man kam als Schüler erst zur 2. Stunde ans Ziel (und freute sich). Die Fälle kann ich an einer Hand abzählen. Da wurde immer gefahren, die Leute in den noch besetzten Bahnhöfen haben geräumt, die Stellwerker kamen herunter und machten die Weichen frei (die nicht beheizt waren, aber funktionierten). Wenn es ganz schlimm kam, tauchte unser VT98, deutlich schwächer motorisiert als heutige Triebwagen, eben mit einer Lok davor auf. An der Strecke wurden im Herbst Schneefangzäune aufgebaut und im Frühjahr wieder abgebaut, Jahr für Jahr. Die Leute von der Bahnmeisterei wussten, wo der Wind heftiger bläst. Heute ist niemand mehr vor Ort, die Verkehrs-unternehmen haben zwar Triebwagen, aber keine Dieselloks mehr, und das Management vergisst, für die ölbeheizten Weichen im Bahnhof Walkenried rechtzeitig Öl zu bestellen. Halt, das macht ja wieder der Einkauf, und der hat erst recht keine Ahnung, worum es geht.

Mit Berufsstolz und Ethos muss man auch keinem mehr kommen. Damals war es eine pure Selbstverständlichkeit, dass der Betrieb lief. Noch heute erzählen alte Eisenbahner gern davon, wie das an so manchem Wintermorgen zuging. Alles zugeweht? Dann wurde eben der Trecker genommen, um – als Nebenerwerbslandwirt – rechtzeitig am Arbeitsplatz zu sein. Heute? Wer an der Strecke Dienst tut, kommt von Gott weiß woher. Der hat erst einmal Mühe, selbst durchzukommen. Es ist auch nicht mehr „seine“ Bahn, es ist sein Job, den er ausfüllt, mehr aber auch nicht.

Aber wem erzähle ich das. Hoffen wir, dass „die Politik“ endlich, endlich einsieht, dass sie bezüglich der Bahn auf dem Holzweg ist, jedenfalls was den Infrastrukturbereich betrifft. In keinem anderen europäischen Land läuft es so mies wie bei uns. Man schaue sich in der Schweiz um, klar, aber meinethalben auch in Polen bei PKP PLK. Da stehen für das Netz im Riesengebirge eben mehrere Fräsen bereit, die umgehend aktiv werden. Auf der anderen Seite, bei den CD in Tschechien, ist es nicht anders. Die Züge müssen rollen. Das muss bei uns auch wieder Alltag werden.
Michael Reinboth

3. Harz-Weser-Netz: Vollständiges Organisationsversagen der Deutschen Bahn Netz (Stand 10.02.2021)
„Es ist sehr viel Schnee gefallen. Es ist auch sehr kalt. Für gewisse Probleme muss man daher sicher Verständnis aufbringen. Aber das, was sich die Deutsche Bahn Netz derzeit in Niedersachsen erlaubt, kann man nur mit dem Begriff „vollständiges Organisationsversagen“ beschreiben.“

Michael Reinboth von „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ ist sauer auf die DB Netz. „Vielleicht sollte man Herrn Pofalla, vor allem aber den Leuten in den Pressestellen der Bahn, die ständig neue Nebelkerzen zünden, Schneeschieber und Eiskratzer in die Hand drücken und nach draußen auf die Strecken schicken. Denn während seit Sonntag im gesamten Harz-Weser-Netz noch nicht eine Räumaktion stattgefunden hat, wird dort ständig das Gegenteil behauptet“ fasst er zusammen.

Viel zu wenig Personal, keine Geräte – und Hilfe Dritter wird nicht angefordert
„Mit Hochdruck“ sei man am arbeiten, ist ein beliebter Satz der Pressestelle. Und „Es könnte hier und da noch etwas ruckeln“. Von wegen. Es mag sein, dass die wenigen Leute, die der Sparkurs bei DB Netz noch übrig gelassen hat, tatsächlich mit Hochdruck arbeiten. Aber es sind viel zu wenig, um die Strecken wieder in Ordnung zu bringen. „Hier im Südharz hat auch am Tag vier nach dem Schneefall noch niemand die Schaufel geschwungen oder eine Weiche freigekratzt. Man lässt die Dinge einfach liegen. Die Kunden müssen sich Alternativen selber suchen, denn Ersatzverkehre, so heißt es dann auch, könne man nicht organisieren.“ Man könnte es schon, aber man will es nicht- macht ja Arbeit.

Scharenweise werden die bisher treuen Bahnkunden, die Corona noch übrig gelassen hat, in ihre Autos getrieben, denn irgendwie müssen sie ja zur Arbeit, zum Arzt oder zum Impftermin kommen.

„Was wir hier erleben, ist der Offenbarungseid der Deutschen Bahn Netz. Die können schon mit kleinen Problemen nicht fertig werden. Jetzt sind sie völlig überfordert, weil alles kaputtgespart worden ist.“ Das Gerede von der „guten Vorbereitung“ und den so vielen beheizten Weichen könne man, so Reinboth, schon nicht mehr hören. „Im Knotenbahnhof Northeim funktioniert auf der Harzseite keine einzige Weiche mehr. Und das seit Tagen. Kein Fahrzeug wurde auch nur einen Meter weit bewegt.“

Ständig Falschmeldungen der Pressestelle
Noch schlimmer als die eigentliche Katastrophe aber sei die „Lügerei der Pressestellen“, so Reinboth. „Das stimmt praktisch nichts. Jeden Tag wird erzählt: Die Räumarbeiten dauern an. Das ist falsch: Sie haben hier noch nicht einmal begonnen. Jeden Tag wird erzählt: Die Strecken sind morgen bis mindestens 10 Uhr gesperrt. Am anderen Tag steht dann drin: Heute fährt leider auch nichts. Und die Falschmeldung für den nächsten Morgen wird dennoch wiederholt.“

Der richtige Text, so Reinboth, müsse lauten:

Die Deutsche Bahn Netz verfügt weder über ausreichend Personal noch Gerät, um auch nur ansatzweise mit der Witterung fertig zu werden. Für Strecken, die nicht dem ICE-Verkehr oder dem Güterfernverkehr dienen, haben wir aktuell weder Zeit noch Lust, etwas zu tun. Bitte warten Sie bis zum nächsten Tauwetter oder bis zum Frühlingsanfang, dann werden wir auch hier wieder fahren. Bis dahin kaufen Sie sich bitte ein Auto.

Man müsse, so Reinboth, über eine Rückverstaatlichung des Bereichs Netz nachdenken. In der jetzigen Form ist der Bereich nicht in der Lage, seinen Aufgaben gerecht zu werden. Und viele hoch bezahlte, aber ahnungslose Manager könnte man auf diese Weise auch gleich wieder loswerden.
Michael Reinboth

2. Bahnstillstand im Harz-Weser-Netz - Eine Woche lang keine Züge im Harz-Weser-Netz? (Stand 09.02.2021)

Dieser Tage kann man wieder einmal spüren, wie es sich anfühlt, im ach so förderwürdigen ländlichen Raum zu leben.

 

Kein negatives Wort darüber, dass es einen Schneesturm mit erheblichen Folgen gegeben hat. Das kommt vor, und dass es danach nicht rund läuft, ist soweit auch nachvollziehbar.

 

Nicht mehr nachvollziehbar ist die Taktik der Deutschen Bahn, die Wiederaufnahme des Betriebs auf unseren Strecken immer wieder neu für den nächsten Tag anzukündigen, um sie dann erneut zu verschieben. Man habe andere Prioritäten, heißt es. Auch ein Ersatzverkehr wird natürlich nicht eingerichtet, auch heute nicht, wo die Straßen wieder passierbar sind.

 

Wir müssen, da die Ressourcen bei der Bahn zwar für üppig besetzte Pressestellen reichen, wo dann wortreich das Organisationsversagen vertuscht wird, aber leider nicht für Schneepflüge und Räumtrupps, davon ausgehen, dass der gesamte Südharz noch tagelang vom Schienenverkehr abgehängt bleibt.

Eine Prognose, wie es denn weitergehen soll, war nicht zu erlangen. Vielleicht wartet man, bis es wieder taut.

 

Es geht hier wie anderswo wohl nach dem Motto: Erst die Großstadt, dann das flache Land. Oder: Wer am lautesten nach dem Schneepflug ruft, der bekommt ihn auch.

Michael Reinboth

 

1. Deutschlandtakt Spezial: 
a. Denkschrift der Initiative „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ zum dritten Entwurf der Fahrpläne für den Deutschland-Takt des Bundesministeriums für Verkehr und den Auswirkungen auf den Harz
(Stand 08.02.2021)
b. Unser Mittelgebirge braucht wieder gute Fernverkehrsverbindungen
(Stand 08.02.2021) 
c. Grüne: Resolution "Deutschlandtakt fährt am Harz vorbei"
(Stand 08.02.2021)

a. Denkschrift der Initiative „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ zum dritten Entwurf der Fahrpläne für den Deutschland-Takt des Bundesministeriums für Verkehr und den Auswirkungen auf den Harz (Stand 08.02.2021)

Deutschland-Takt und Harz:

Deutliche Nachbesserungen sind erforderlich

 
Der Eilzug Walkenried – Paderborn – Dortmund – Essen - Oberhausen mit seiner V 200 passiert eine Bahnbaustelle auf der Südharzstrecke. Im „Deutschland-Takt“ rücken solche und ähnliche Züge in weite Ferne. Der Harz wird vom Fernverkehr gänzlich abgehängt (Foto Sammlung Claus Eggert).

 

Eine Denkschrift der Initiative „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ zum dritten Entwurf der Fahrpläne für den Deutschland-Takt des

Bundesministeriums für Verkehr und den Auswirkungen auf den Harz

 

Vorbemerkung

 

„Schon wieder die von Höchste Eisenbahn. Denen kann man es nie recht machen.“ So oder ähnlich könnten die Reaktionen in der Bundes- und Landespolitik oder bei der Deutschen Bahn ausfallen. Damit müssen wir leben. Aber im vorliegenden Fall ist die Lage einerseits sehr ernst, sie betrifft zudem den gesamten Harz und der Handlungsbedarf ist, obschon es bis zur endgültigen Umsetzung des so genannten „Deutschland-Takts“ auf der Schiene noch einige Jahre dauern wird, hier und heute gegeben, denn die Weichen werden über Investitionen jetzt gestellt.

 

Melden wir uns erst zu Wort, wenn wir die Verschlechterungen des neuen Taktes zu spüren bekommen, ist es viel zu spät.

 

Verschlechterungen? Der „D-Takt“ soll doch alles besser und schneller machen? – Das ist die löbliche und auch voll zu unterstützende Absicht. Die Eisenbahn ist neben dem Fahrrad das Verkehrsmittel der Zukunft. Sie zu stärken, ist immer eine gute Idee. Es kommt nur auf die Umsetzung an. Und die ist im Fall des „D-Taktes“ in Bezug auf den Harz, vorsichtig formuliert, suboptimal:

 

       Der Harz wird von keiner einzigen Fernverkehrslinie bedient. Das unterscheidet ihn von anderen stark nachgefragten Urlaubsregionen, für die Fernverkehrsanbindungen vorgesehen sind.

       Für den Harz sind auch keine langlaufenden Regionalverkehrslinien vorgesehen. Das Maximum des Komforts stellen Linien dar, welche die nächsten Fernverkehrsknoten anstreben, wo dann immer umzusteigen ist.

       Die Zeiten für die Umsteigevorgänge wiederum sind in den meisten Fällen viel zu knapp kalkuliert. Sie können nur von überdurchschnittlich gut trainierten Menschen eingehalten werden, nicht jedoch von ganz „normalen“ Fahrgästen und schon gar nicht von solchen mit Gepäck oder Fahrrädern.

       In einigen Fällen lässt sich nachweisen, dass äußerst schlampig geplant worden ist und so Anschlüsse vorgegaukelt werden, die in der Praxis niemals existieren werden.

 

Die Anbindung des Harzes erfährt, gleich über welchen Knoten, im „D-Takt“ keinerlei Verbesserungen. Das Gegenteil ist der Fall. Während über neue Verbindungskurven nachgedacht wird, um von Hamm unter Umgehung Hannovers in zwei Stunden nach Hamburg zu gelangen, entsteht in der Mitte Deutschlands rund um den Harz eine mehr als 100 x 100 Kilometer große Fernverkehrswüste.

 

Das ist für die Harzer nicht akzeptabel. Wir müssen uns jetzt rühren und den Politikern, denen man bereits erfolgreich Sand in die Augen gestreut hat, und den Planern, welche die Zeiten und Anschlüsse mehr als schlecht zusammengetragen haben, Beine machen. Sonst werden potenziell viele Tausend Urlauber und Hunderttausende von Tagesgästen den Harz eben nicht mit der Bahn ansteuern, und der schon heute überbordende und massive Schäden hinterlassende Individualverkehr wird unser kleines Mittelgebirge überfluten – mit allen negativen Folgen für Umwelt, Lärm, Flächenverbrauch und so weiter.

 

Deswegen nerven wir wieder. Wie auf den folgenden Seiten gezeigt werden wird, keineswegs grundlos. Leider hatten wir auch bei vorangehenden Nervereien immer einen Grund. Dieses Mal sogar einen ganz massiven. 

 

Wir ersuchen um Unterstützung: Der Harz darf nicht abgehängt werden!

 

 

 

 

 

Fernverkehrswüste Harz: Das war nicht immer so

 

Da ein Bild bekanntlich mehr sagt als 1000 Worte, stellen wir einen Auszug aus dem „Bildfahrplan“ des D-Taktes an den Anfang. In einem solchen Bildfahrplan werden die Zuglinien, ihre Takte und die vorgesehenen Ankunfts- und Abfahrtsminuten grafisch dargestellt.

 

Wie Sie sehen, sehen Sie nichts! Richtig: Der bundesdeutsche Fernverkehr wird im „D-Takt“ um den Harz einen riesigen Bogen machen. Das tut er heute auch. Aber dieser traurige Zustand wird durch den Deutschland-Takt quasi zementiert und für die nächsten 20, 30 Jahre festgezurrt. 

 

Was man noch sieht, ist die Tatsache, dass es mit dem „stündlichen Takt“ nicht so sehr weit her ist. Jede gestrichelte Linie bedeutet nämlich, dass hier nur im 2-Stunden-Takt gefahren wird. Einige der gestrichelten Linien überlagern sich abschnittsweise dann wieder zu einem stündlichen Angebot. Aber nicht immer. Nehmen wir die Linie FV32 – die einzige übrigens, bei der man sich im Südharz der schwachen Hoffnung hingeben kann, dass es in Göttingen mal mit einem Anschluss nach Frankfurt klappen könnte. Sie verkehrt südlich von Göttingen nur alle 2 Stunden.

 

Der „Deutschland-Takt“ kennt neben den artreinen Fernverkehrslinien, also denen mit ICE oder IC, noch einige „FR-Linien“, die im „low cost“-Bereich und mit geringeren Geschwindigkeiten das Netz ergänzen sollen. Von denen schreibt Hans Leister, einer der Protagonisten des Taktes, im „EisenbahnKurier[1]: „Unter der Bezeichnung „FR“ sind weitere Linien enthalten, deren Bedienung im eigenwirtschaftlichen Fernverkehr derzeit unsicher ist; diese könnten auch von den Ländern bestellte RE-Linien werden.“ – Um dieses „Schwarze Peter“-Geschiebe schon im Vorfeld des D-Taktes müssen wir Harzer uns freilich nicht groß kümmern, denn selbst solche Linien sind für den Harz nicht vorgesehen. Auch keine langlaufenden RE-Linien als deren Ersatz.

 

Aber was regen wir uns denn so auf? Aktuell haben wir nach der Streichung des letzten InterRegio „Brocken“ doch auch keinen Fernverkehr am Harzrand und nur eine einzige „low cost“-Verbindung, den „Harz-Berlin-Express“ zwischen Thale bzw. Goslar und Berlin von Freitag bis Sonntag! 

 

Stimmt. Das muss aber ja nicht gut sein. Gut finden tun wir das schon lange nicht mehr. Was wir dafür aber haben, sind zur Zeit noch ganz passable Anschlüsse zum „richtigen“ Fernverkehr u.a. in Göttingen (nach Frankfurt) und Braunschweig (nach Berlin) für den Südharz oder in Hannover (nach Bremen, Hamburg und dem Ruhrgebiet) für den Nordharz. Wobei der östliche Nordharz immer noch zusätzlich in Goslar umzusteigen hat. Mit diesen guten Anschlüssen ist im „D-Takt“ jedenfalls in Braunschweig und in Göttingen Feierabend – sie werden abgeschafft. Ja, sie lesen es richtig: Im neuen, besseren „DTakt“ wird es keine Fernanschlüsse Südwestharz – Braunschweig – Berlin und Südharz – Göttingen – Frankfurt mehr geben!

 

Früher war nicht wirklich alles besser. Aber manches ging eben. Der Westharz – und nur auf diesen können wir uns, historisch gesehen, abstützen, da der Fernverkehr in der DDR anderen Aspekten zu entsprechen hatte, dazu später – hatte „seinen“ Anteil am Fernverkehr, der durchaus den Reisendenströmen entsprach. Wir greifen ein willkürliches Jahr heraus und blicken in das Kursbuch von 1967. Das ist mehr als 50 Jahre her. Nach 1990 wurde der Harzer Fernverkehr Schritt für Schritt im Zeichen der Regionalisierung des Nahverkehrs und des Rückzugs der Deutschen Bahn aus der Fläche zusammengestrichen, weswegen wir in solche Fahrpläne nicht mehr hineinschauen müssen. Also 1967. Was fuhr denn da so an Direktverbindungen? Jede Menge, wie ein beispielhafter sommerlicher Werktag beweist:

 

E 550 Walkenried – Herzberg – Northeim – Paderborn – Dortmund – Essen – Duisburg

E 840 Walkenried – Herzberg – Northeim – Altenbeken – Detmold – Bielefeld

E 463 Herzberg – Osterode – Seesen – Hildesheim – Hannover – Bremen – Bremerhaven

E 587 Goslar – Hildesheim – Hannover – Bremen – Oldenburg – Emden – Norddeich

E 104 Bad Harzburg – Goslar – Hildesheim – Hannover – Hamm – Dortmund – Essen – Köln

E 620 Bad Harzburg – Goslar – Hildesheim – Hannover – Osnabrück – Rheine – Hengelo – Amsterdam E 667 Bad Harzburg – Goslar – Hildesheim – Hannover – Bremen – Oldenburg – Emden

 

E 292 Bad Harzburg – Goslar – Hildesheim – Hannover – Osnabrück – Hengelo – Hoek van Holland

E 585 Bad Harzburg – Goslar – Hildesheim – Hannover – Bremen – Bremerhaven

E 557 Bad Harzburg – Goslar – Hildesheim – Lehrte – Celle – Lüneburg – Lübeck – Kiel / Hamburg

E 669 Goslar – Hildesheim – Hannover – Bremen

E 565 Goslar – Bad Harzburg – Braunschweig – Uelzen – Lüneburg – Lübeck – Kiel - Flensburg

E 711 Kreiensen – Seesen – Goslar – Vienenburg – Braunschweig (- Kurswagen Berlin)

E 563 Kreiensen – Seesen – Goslar – Vienenburg – Braunschweig – Uelzen – Lüneburg – Hamburg

           (mit Kurswagen von Bad Harzburg nach Hamburg)

E 534 Braunschweig – Vienenburg – Goslar – Seesen – Kreiensen – Paderborn – Wuppertal – Aachen

E 712 Braunschweig – Vienenburg – Goslar – Seesen – Kreiensen – Göttingen – Kassel

E 530 Braunschweig – Vienenburg – Goslar – Seesen – Kreiensen – Wuppertal – Düsseldorf – Aachen

E 788 Braunschweig – Seesen – Kreiensen (- Kurswagen D 288 Göttingen – Würzburg – München)

E 776 Braunschweig – Vienenburg – Goslar – Seesen – Kreiensen (- Kurswagen D 76 Frankfurt (Main)

 

Praktisch alle für den Harzurlaub relevanten Regionen waren umsteigefrei mit dem Nord- und dem Südharz verbunden. Einsteigen, Aussteigen, Urlaub machen – nicht Herumirren auf einem großen Knotenbahnhof, um festzustellen, dass der Anschluss weg ist. Für die Harzer selbst bot sich eine Fülle von Zielen, die diese ebenso ohne Umstieg erreichen konnten – und sei es mit einem so altmodischen Ding wie dem „Kurswagen“, der im Zeitalter fester Triebwageneinheiten im Fernverkehr ausgestorben ist. 

 

Im Ostharz, der, wie gesagt, völlig anderen Urlaubs- und Reisegrundsätzen unterlag, wäre ein Blick in das Jahr 1967 etwas unfair. Die Reichsbahn erholt sich eben langsamer vom Zweiten Weltkrieg als die Bundesbahn, die dieses übrigens komplett aus eigener Tasche und ohne jede Hilfe des Bundes bewerkstelligen musste. Schaut man in das Jahr 1978, so findet man jedoch direkte Eilzüge zwischen Nordhausen, Sangerhausen und Leipzig, D-Züge zwischen Wernigerode und Dresden oder Wernigerode und Berlin, etliche D-Züge zwischen Halberstadt und Berlin, fallweise bis Stralsund oder Barth, sowie Eilzüge zwischen Halberstadt und Leipzig sowie – drei Mal pro Tag und Richtung – zwischen Aschersleben und Berlin über Dessau. Später kam eine D-Zug-Verbindung zwischen Nordhausen und Berlin hinzu.

 

Der Harz war mithin nachgerade perfekt mit umsteigefreien Verbindungen versorgt. Im Westharz kamen zum Beispiel 1967 ja noch eine Vielzahl von Verbindungen hinzu, bei denen man mit Umstieg über die damaligen Fernverkehrs-Halte Hildesheim, Kreiensen und Northeim viele D- und Eilzüge zu unterschiedlichen Zielen relativ stressfrei erreichen konnte. 

 

             

Aktueller Zustand: Es geht nur noch mit Umsteigen in überlasteten Knotenpunkten

 

Der Rückzug der Deutschen Bahn aus der Flächenbedienung im Fernverkehr und die Zerstückelung der noch bestehenden, länger laufenden Regionallinien infolge der Regionalisierung des Nahverkehrs machte dieser guten Bedienung ein Ende. Heute fahren die Nahverkehrszüge dank der vorgenannten Regionalisierung öfter und regelmäßiger, aber sie legen nur recht kurze Strecken zurück, werden an den Landesgrenzen oder passenden (und auch unpassenden) Knoten wie Kreiensen oder Bodenfelde gebrochen und verursachen einen grundsätzlich einmaligen, in sehr vielen Fällen aber auch zweimaligen Umsteigezwang.

 

Was rollt den überhaupt noch über die Landesgrenzen hinweg?

 

       Da sind einmal die zweistündlichen RE zwischen Magdeburg, Sangerhausen und Erfurt, die immerhin die Landesgrenze zwischen Sachsen-Anhalt und Thüringen überwinden.

       Dann haben wir die RE-Linie 9 zwischen Kassel und Halle, ein absoluter Ausreißer, da hier gleich drei, nein sogar vier Bundesländergrenzen überwunden werden (Hessen, Niedersachsen in HannMünden, Thüringen und Sachsen-Anhalt).

       Außerdem gibt es noch die Verbindungen zwischen Magdeburg und Goslar und Halle und Goslar, jeweils über Vienenburg, die jedoch im Grunde kurz hinter der Landesgrenze in Goslar enden und zum Umsteigen in Richtung Hannover oder Göttingen nötigen. In die gleiche Kategorie, nämlich Beginn und Ende im nächsten Knoten nach der Landesgrenze, gehören die Regionalbahnen von Göttingen oder Bodenfelde nach Nordhausen.

 

Das war’s. Alles andere bleibt im eigenen Land, wobei hier mögliche „Durchbindungen“ nicht oder nicht mehr stattfinden:

 

       Durchgehende Züge Paderborn – Holzminden – Kreiensen – Goslar – Bad Harzburg wären technisch und fahrplantechnisch durchaus machbar und sinnvoll.

       Ebenso verhält es sich mit durchgehenden Zügen Paderborn – Bodenfelde – Northeim – Herzberg – Walkenried – Nordhausen. 

       Denk- und machbar wären auch Züge Uelzen – Braunschweig – Seesen – Herzberg oder Erfurt – Nordhausen – Walkenried – Herzberg – Northeim (- Göttingen/Paderborn) oder Buchholz – Soltau – Walsrode – Hannover – Hildesheim – Goslar – Bad Harzburg.

 

In den vorstehenden Fällen muss man, obwohl die Zugleistungen eigentlich zusammenpassen und überall mit Diesel gefahren wird, umsteigen. Es sind, dies sei zugegeben, nicht die „Brüller“ im Bezug auf das Fahrgastaufkommen an durchgehenden Reisenden – aber eine Erleichterung wäre es allemal. Verhindert wird dies derzeit mit so obskuren Begründungen wie „wollen Verspätungen nicht durchschleppen“ und ähnlichen. Man nimmt also die Unzuverlässigkeit der Bahn quasi als Grundlage der Fahrplangestaltung an. Bei Verspätungen klappt übrigens ein Umsteigeanschluss auch nicht besser.

 

Größtes anzunehmendes Hindernis bei den nicht stattfindenden anderen möglichen Durchbindungen – genannt seien Berlin – Magdeburg – Halberstadt – Thale / Goslar oder Bremen – Hannover – Bad Harzburg - ist die fehlende Elektrifizierung der Harzstrecken, die es den Puristen unter den Fahrplanern leicht macht, solche Zugläufe abzuwürgen, da man Lokwechsel inzwischen so scheut wie der Teufel das Weihwasser. Außerdem wird das unterschiedlich hohe Fahrgastaufkommen genannt, was zweifellos zutrifft, aber mittels „Flügelung“, also der Trennung zweier Triebwagen in einem Knotenbahnhof, gut zu meistern wäre.

 

Weitere Hindernisse sind bestenfalls administrativer Art. Was, zum Beispiel, hindert die Aufgabenträger daran, die Züge Halle – Goslar und Bad Harzburg - Goslar – Hannover ebenso zu einer durchgehenden Leistung zusammenzufassen wie die Züge Magdeburg – Goslar und Bad Harzburg – Goslar – Göttingen? Das allein würde spürbar höheren Reisekomfort in alle möglichen Richtungen bedeuten. Aber hierzu müsste man Landesgrenzen überwinden und vertragliche Regelungen vereinbaren. Alles machbar, aber eben mühsam. Und da es sich hier nur um den Harz und nicht um die lauter auftrumpfende Nordseeküste handelt, unterbleibt es eben.

 

Immerhin jedoch bieten die Taktzüge in den Knoten derzeit, pünktliches Verkehren der Züge unterstellt (!), recht gute Reisemöglichkeiten mit angemessenen Umsteigezeiten:

 

       Bad Harzburg – Goslar – Hannover auf a) ICE nach Köln/Düsseldorf, b) RE nach Bremen –

Bremerhaven/Norddeich, c) IC nach Amsterdam und d) ICE nach Hamburg

       Goslar – Halberstadt – Magdeburg auf RE nach Berlin

       Herzberg – Seesen – Braunschweig auf ICE nach Berlin

       Bad Harzburg – Goslar – Kreiensen – Göttingen auf ICE nach Frankfurt

       Nordhausen – Herzberg – Göttingen auf ICE nach Frankfurt

       Nordhausen – Sangerhausen – Halle auf ICE nach Berlin

       Sangerhausen – Nordhausen – Kassel auf ICE nach Frankfurt und München

 

Nur die erste und dritte Verbindung sind allerdings stündlich möglich, die anderen sind es überwiegend alle 2 Stunden. Und hier und da sind die Umsteigezeiten etwas knapp. Dann gibt es aber zeitnahen Ersatz wenigstens alle 2 Stunden wie die IC Hannover – Dortmund – Köln oder die ICE Göttingen – Gießen – Frankfurt.

 

Die Knoten wie Hannover, Göttingen, Erfurt oder Halle sind jedoch regelmäßig überlastet, mit verspäteten Zügen gesegnet oder bei zuletzt durchgeführten Umbauten dermaßen schlecht wegegekommen, dass jedwede Flexibilität abhandengekommen ist. Das führt sehr häufig zu Anschlussbrüchen mit dem damit verbundenen Ärger (Platzkarte umsonst gebucht und so weiter).  

 

Die sehr guten und eigentlich auch unkritischen Anschlüsse in Paderborn an den „Rhein-Ruhr-Express“ nach Hamm – Dortmund – Essen – Düsseldorf sind aus dem Harz leider nur mit zweimaligem Umstieg – zu Paderborn kommen noch Bodenfelde bzw. Kreiensen hinzu – erreichbar, sollen aber nicht unerwähnt bleiben, weil zumindest eine dieser Achsen, nämlich die über Bodenfelde, im „D-Takt“ noch weiter demontiert werden soll. Relativ „friedlich“ ist auch der Übergang von und nach Berlin in Magdeburg, doch ist die RE-Linie zwischen diesen beiden Städten extrem langsam unterwegs. Das gilt auch für den Übergang aus Aschersleben nach Berlin in Dessau – prinzipiell jede Stunde machbar, jedoch trifft man auf einen Zug, für den die Aussage „… hält an jeder Milchkanne“ durchaus zutreffend ist.

 

Nun sollte man annehmen, dass es mit Umsetzung des „Deutschland-Takts“ auch für den Harz besser werden wird. Doch das ist leider ein großer Irrtum.

 

             

Deutschland-Takt: Vieles gleich, weniges besser, eine ganze Menge schlechter

 

Die Macher des Fahrplanentwurfs für den „D-Takt“ stellen für sich fest, dass sie im Grunde an alles gedacht haben: Um den Fahrplan umsetzen zu können, bedarf es einer Fülle von Um- und Ausbauten, neuer Strecken, neuer Bahnsteige und so weiter. Und es braucht auch jede Menge neue und schnelle Züge. Neubaustrecken wie Bielefeld – Hannover, Frankfurt – Mannheim, Ausbaustrecken wie Hamburg – Hannover oder Würzburg – Nürnberg, neue Kurven wie die westlich von Hannover und gar die

Untertunnelung ganzer Metropolen wie Frankfurt sind quasi Voraussetzung für die Umsetzung des DTaktes. Das alles ist durchgespielt worden. Und auch Güterzugtrassen hat man eingeplant, um trotz absehbarer Überfüllung ganzer Strecken dennoch so viel Güterzüge wie möglich durchzubekommen.

 

Das alles basiert auf dem Prinzip Hoffnung, setzt unbedingtes pünktliches Fahren ohne jede Störung voraus und verlangt von der Bahn und den Kunden eine enorme Disziplin. Momentan ist des damit nicht weit her, und einen triftigen Grund für eine Besserung nennen die Planer nicht. Und deswegen tröstet man uns mit dem Hinweis, dass auf den großen Achsen ja quasi alle 30 Minuten gefahren wird und im Falle einer Verspätung der nächste Zug ja gleich kommt – so ähnlich wie bei einer Straßenbahn.

 

Ärgerlich nur, dass dieses System dort endet, wo die Züge anschließend nur noch stündlich oder gar zweistündlich verkehren sollen. Zweistündlich? Doch, aus das gibt es im „D-Takt“, zum Beispiel zwischen Northeim und Bodenfelde oder zwischen Güsten und Sangerhausen. 

 

Wir greifen einige Beispiele heraus, um zu zeigen, dass bei der Erarbeitung der Fahrpläne, jedenfalls abseits der Metropolen, handwerklich sehr schlecht gearbeitet worden ist und allein hierdurch manche der auf dem Papier machbaren Anschlüsse für den Harz zur Makulatur werden, bevor es überhaupt losgeht.

 

Beispiel 1: Südharz – Northeim - Göttingen – da klappt gar nichts mehr

 

Gegenüber früheren Entwürfen wurde im Bereich Kreiensen – Northeim – Göttingen nachgebessert. Ursprünglich war hier nur noch das immerhin halbstündliche Verkehren einer RE-Linie Hannover – Göttingen vorgesehen, ergänzt um alle 2 Stunden durchgehende Züge von Nordhausen nach Göttingen. Das hätte in der jeweils anderen Stunde erhebliche Fahrzeitverlängerungen in der Relation Südharz – Göttingen bedeutet. Außerdem war die direkte Verbindung von Bad Harzburg nach Göttingen, eine der wenigen positiven Errungenschaften der Nach-InterRegio-Zeit, von der Bildfläche verschwunden. Die Nordharzer hätten in Kreiensen und in Göttingen umsteigen müssen, um endlich nach Frankfurt oder München zu kommen. Da hat man nachgebessert, die heutige RB82 wieder eingebaut und alles ein wenig aufgehübscht. Sieht zunächst gut aus. Ist es aber nicht:

 

       Die Übergangszeit zwischen der RB80 (nicht mehr RB81 – kommt gleich!) und der RB82 in Northeim soll nur noch 3 statt heute 5 Minuten betragen. Völlig illusorisch, da man von Gleis 11 nach Gleis 2 oder von Gleis 1 nach Gleis 13, also jeweils durch die Unterführung muss. Hier hat man also einen Anschluss konstruiert, der gar nicht geht.

       Die Fahrzeiten der RB82 und der RB80 sind zwischen Northeim und Göttingen gleich kurz, da richtigerweise der Halt in Nörten-Hardenberg entfällt. Nur: Das funktioniert leider auch nicht. Die RB80 muss sich bekanntlich in Northeim aus dem Südharzer Bahnhofsteil auf die Nord-Süd-Strecke (NSS) herauswinden oder von dieser in den Bahnhof hineinschlängeln, was locker 2-3 Minuten mehr Fahrzeit erfordert als bei den durchgehend auf der NSS verbleibenden RB82, die aber trotz ihrer Beschleunigung auch keine zusätzlichen Anschlüsse herzustellen imstande ist. Schaut man sich nun die Konstruktion des Knotenbahnhofs Göttingen an, muss man feststellen:

       Konsequenz: Die heutige, recht gute Anbindung aus dem Südharz nach Frankfurt, dem Rhein/Main- und dem Rhein/Neckar-Raum wird vollständig aufgegeben. Eine Lösung des Problems gibt es im Grunde nicht, da die RB80 dermaßen eng konstruiert ist, dass ihre Verschiebung Anschlussverluste in Northeim (aus Bodenfelde), Herzberg oder Nordhausen nach sich ziehen würde.

       Weiter: Die Fahrplangestalter haben die Fahrzeiten der RB81 von Northeim nach Bodenfelde um eine Stunde gedreht. Ein triftiger Grund hierfür ist nicht erkennbar, da der neue Leinetal-Express ja stündlich fährt, ebenso die Züge zwischen Göttingen, Bodenfelde und Paderborn und die Anschlüsse somit auch in der anderen Stünde bestehen würden. Mit dieser Drehung macht man aber das durchgehende Verkehren der Züge zwischen Nordhausen und Bodenfelde unmöglich. Das bedeutet, dass man in der Relation Südharz – Ruhrgebiet über Paderborn zukünftig statt zwei Mal wieder drei Mal umzusteigen hat – eine völlig kontraproduktive und widersinnige Planung.

 

Beispiel 2: Südharz – Braunschweig – Berlin – das war einmal

 

Das zweite Beispiel zeigt, wie das unüberlegte Übernehmen lokaler Wünsche in Verbindung mit der Verschiebung des Fernverkehrs um wenige Minuten ein ganzes Anschluss-System zunichtemachen kann. Wohl nicht ganz zufällig erwischt es erneut den Südharz.

 

Bisher besteht von den Regionalbahnen Herzberg – Braunschweig ein stündlicher, mitunter wegen der unzureichenden Infrastruktur der Westharzstrecke (an der der „D-Takt“ ja nichts ändert) wackeliger Anschluss zum und vom Berliner ICE. Der ist im „D-Takt“ leider hinüber. Der ICE fährt früher nach Berlin ab und kommt später aus Berlin an. Das wäre gerade noch so eben aufzufangen, wenngleich die Güte des Anschlusses darunter erheblich gelitten hätte. Da ist es doch besser, man macht den Anschluss gleich ganz und gar unmöglich:

 

       Die heutige RB46 soll auf den Wunsch des Regionalverbands Braunschweig hin einen zusätzlichen Halt in Leiferde erhalten, wo ein Übergang zu den innerstädtischen Verkehrsmitteln hergestellt wird. 

       Dieser Halt erfordert zusätzlich 1-2 Minuten. Damit aber ist die Herstellung des gut nachgefragten ICE-Anschlusses in beiden Richtungen ein Ding der Unmöglichkeit. Das Herausholen von Fahrzeit ist auf der mit nur wenigen Kreuzungspunkten versehenen eingleisigen Strecke, die noch dazu mit einem Halbstundentakt bis und ab Ringelheim versehen wird und deren Abschnitt Braunschweig – Leiferde mit sich gegenseitig ausschließenden Zügen bis oben hin vollgepackt wird, vollkommen unmöglich.

 

Beispiel 3: Südharz – Hannover – könnte klappen, muss aber nicht. Die Anschlüsse sind prekär

 

Seit Jahren beklagen wir die extrem schlechte Verbindung zwischen dem Südharz und der Landeshauptstadt Hannover – nicht wegen dieser ihrer Funktion, wohl aber, weil Hannover ein äußerst wichtiger Bahnknoten ist, zu dem man gut und schnell gelangen können sollte. Diesem Mangel will man nun in der Tat abhelfen, und zwar mit einem Halbstundentakt im Leinetal. Der „Metronom“Nachfolger soll also alle 30 Minuten zwischen Göttingen und Hannover pendeln. Nur am Rande sei angemerkt, dass er aber auch nicht einen Meter über Hannover Hbf hinaus zurücklegen wird. Grundsätzlich ist das natürlich in Ordnung. Nur: Die Übergangszeiten in Northeim betragen in beiden Richtungen gerade einmal 5 Minuten. In Richtung Hannover mag das angehen, weil man nur von Gleis 11 nach Gleis 1 muss. In der Gegenrichtung, wo die Unterführung zu nutzen ist, kommt dies jedoch einem kleinen Abenteuer gleich, da kaum von einem pünktlichen Verkehren dieser Linie auf der nach wie vor mit Güterzügen vollgepackten Leinetal-Strecke auszugehen ist. Der Südharzer Zug müsste warten – mit fatalen Konsequenzen für die Umsteiger in Herzberg nach und von Osterode.

 

Schauen wir dann nach Hannover Hbf, ist die Ernüchterung komplett. Die Züge des „Leinetal-Express“ treffen zu den Minuten .24 und .54 dort ein. Welche Fernanschlüsse erreicht man damit? 

 

Die schnellen Züge in das Ruhrgebiet jedenfalls nicht. Die fahren zu den Minuten .30 und .00 in Hannover Hbf ab. 6 Minuten sind in dem auch in Zukunft überlasteten Knotenbahnhof zu wenig, dafür bräuchte es auch offiziell deren 7, und auch die wären nur ausreichend für spurtstarke Reisende mit Ellenbogen, um sich durch das Hannoveraner Gewühl zum weit entfernten Fernbahnsteig durchzukämpfen. Der wichtigste Anschluss klappt also schon mal nicht. Erreicht werden allenfalls deutlich langsamere Züge in Richtung Westdeutschland. Damit hat sich der angepriesene Zeitgewinn jedenfalls für die südlichen und westlichen Harzbewohner erledigt. Um die geht es ja auch gar nicht – es geht um die Verbindung der Metropolen untereinander. Das „flache Land“ hat da nun wirklich nichts mitzureden. Oder? Nicht einer der Leinetal-Züge verkehrt über Hannover hinaus weiter in Richtung Celle, Uelzen oder gar Hamburg. Umsteigen, Umsteigen – und das, wie erwähnt, in einem völlig überlasteten Bahnhof. Von den Knoten Northeim und Kreiensen sind die am weitesten erreichbaren Ziele zukünftig Göttingen einerseits und Hannover andererseits! 

 

Beispiel 4: Der rasende Westharzer oder das Prinzip „was nicht passt, wird passend gemacht“

 

Ein schönes Beispiel für das „Hinbiegen“ des Fahrplans ist die Strecke Herzberg – Seesen. Weil die Züge aus Richtung Northeim einige Minuten später in Herzberg ankommen als heute (und dennoch, siehe oben, ja keinen Anschluss aus dem Süden haben und den aus Hannover im Zweifel abhängen mussten), muss die Regionalbahn nach Braunschweig 3 Minuten später als heute abfahren. Auf unerklärliche Weise kommt sie dennoch zur selben Minute in Gittelde an wie heute! Und auch der Gegenzug, der sich sputen muss, weil der Zug nach Northeim in Herzberg ja keine Sekunde Reserve mehr hat, schafft es und kommt früh genug in Herzberg an.

 

Die Frage ist nur, wie das funktionieren soll, ohne dass man das Tempo auf der Westharzstrecke merklich anhebt. 100 km/h müsste man hier schon fahren können. Das bedingt Anpassungen in der Infrastruktur (Einschaltzeit der Schranken usw.), für die jedenfalls bis heute kein Geld da war. Und nach der von DB-Vorstand Pofalla erfolgreich betriebenen Abschaffung der Regionalnetze in Zukunft erst recht nicht mehr da sein wird. Sonst hätte man es im Interesse der Pünktlichkeit der Westharzstrecke ja schon längst umsetzen können, denn ein Merkmal dieser Strecke sind ja gerade ihre notorischen Verspätungen.

 

Beispiel 5: Von Bad Harzburg nach Hannover geht es doch noch langsamer als heute

 

Bei der heutigen Linie RE10, neu E.12, zwischen Bad Harzburg und Hannover sieht es auf den ersten Blick besser aus. Diese Linie wird ihre Anschlüsse nach Dortmund, Hamburg oder Bremen behalten. Aber Vorsicht: Sie wird langsamer gemacht. Motto: Wenn schon in Hannover Hbf rennen, dann doch bitte richtig. Die Linie erhält entgegen ihres Anspruchs, eine „E“, also schnelle Linie zu sein, neue Halte in „Marienburg“ und „Laatzen Mitte“ und wird somit um 5 bis 8 Minuten ausgebremst. Die Nordharzer müssen also künftig mit der Bimmelbahn nach Hannover reisen, um dort ihre Fernanschlüsse zu erreichen. Nicht die langsame Bodenburger Nahverkehrslinie, sondern die angeblich schnelle E.12 hält vor Hildesheim noch einmal extra. Dafür gibt es weiterhin keine Anschlüsse an die S-Bahn in Richtung Lehrte. 

 

Weitere Beispiele ließen sich finden. Sie zeigen vor allem eines: Die Planer haben, gemäß Auftrag, eigentlich nur den Fernverkehr geplant. Da der „D-Takt“ aber qua politischer Ansage für alle Regionen des Landes etwas bringen soll, muss der nachrangige Regionalverkehr irgendwie so passend dargestellt werden, dass die Politiker aus dem ländlichen Raum mit dem Hinweis auf tolle Anschlüsse ruhiggestellt werden können. Leider stehen sehr viele dieser Anschlüsse nur auf dem Papier und erweisen sich schon auf den ersten flüchtigen Blick hin als absolut unhaltbar. Von der halbstündlichen Raserei zwischen den Metropolen profitiert die Fläche nicht. Schon gar nicht im Falle des Harzes. Jeder zweite Zug zwischen Nordhausen und Erfurt wird beschleunigt – er erreicht deswegen in Erfurt aber keine anderen Fernverkehrsanschlüsse. Was in vielen Fällen zu knapp gerät, erlaubt hier künftig ein entspanntes Kaffeetrinken.

 

Da auch die heutige zweistündlich durchgehende Verbindung zwischen Magdeburg und Goslar aufgegeben und durch einen reinen Stundentakt Halle (Saale) – Goslar ersetzt werden soll, was die heute durchaus ansprechende Relation Goslar – Berlin über Magdeburg mit einem unnötigen zusätzlichen Umsteigezwang belegt, ist die Frage, wo überhaupt, vom halbstündlichen LeinetalExpress abgesehen, positive, auf den „D-Takt“ zurückzuführende Veränderungen zu finden sind. 

 

Doch, eine gibt es schon. Und die ist nicht schlecht. Die bisherige zweistündliche Brechung der RE8 in Leinefelde zugunsten der von Erfurt kommenden RB, welche die Relation Sangerhausen – Nordhausen – Kassel mit einem weiteren und zudem unsicheren Umsteigevorgang belastet, soll zugunsten einer stündlich durchgehenden Verbindung Halle – Kassel entfallen. Dies wertet die in Kassel-Wilhelmshöhe vorgesehenen stündlichen Anschlüsse in und aus Richtung Paderborn – Ruhr – Aachen merklich auf. Auch die Verbindungen nach und von Göttingen verbessern sich, weil es nun jede Stunde bei dem einmaligen Umstieg in Eichenberg bleibt. Und am anderen Ende dieser stündlichen RE-Achse, in Halle, sollen stündliche und gute Anschlüsse nach und von Berlin entstehen. Auch dies ist ein nicht zu verachtender Fortschritt. Doch Vorsicht: Die Übergänge zu den Berliner ICE sind in Halle ähnlich sportlich geplant wie die in Hannover in Richtung Ruhrgebiet – faktisch also mit hoher Unsicherheit behaftet. Die Ankunft aus dem Harz erfolgt zur Minute .55 oder .56, die Abfahrt nach Berlin zur Minute .01. Das ist in Halle nur dann zu schaffen, wenn Ankunft und Abfahrt im selben Bahnhofsteil stattfinden. Ansonsten haben wir es mit einem weiteren Fass Sand zu tun, welches man den nur Charts lesenden und nicht umsteigenden Politikern in die Augen streuen kann.

 

Fazit gleichwohl: Durchgehenden Fernverkehr gönnt man dem Harz nicht. Besseren Regionalverkehr oder gar weit laufende Regionalzüge auch nicht. Die stattdessen offerierten „besseren Anschlüsse an den Fernverkehr in den großen Knoten“ erweisen sich in vielen Fällen als hingebogen oder von vornherein nicht machbar. In anderen Fällen wie Nordharz – Rhein/Main über Hildesheim belässt man es lieber gleich bei den schon heute mäßigen Übergängen. 

 

Fairerweise sei angemerkt, dass die Planer im Regionalverkehr die Vorstellungen der Länder und Regionen wohl weitgehend unkritisch übernommen haben oder übernehmen mussten, sonst wäre ihnen ein so dicker Klops wie der Anschlussverlust Berlin – Südwestharz in Braunschweig vielleicht doch aufgegangen. Aber das ändert nichts an der Feststellung:

 

Lustlos, lieblos und handwerklich schlecht gemacht: Das ist aus Harzer Sicht das Zwischenergebnis des Studiums der – nota bene! – endgültigen Fassung des „Deutschland-Takts“. Das kann so nicht bleiben!

 

 

Deutliche Nachbesserungen sind erforderlich

 

Das bisherige Ergebnis ist für den Harz nicht gut. Einigen wenigen Verbesserungen stehen zahlreiche Verschlechterungen gegenüber. Zudem entpuppen sich etliche Verbesserungen als „Scheinriesen“, da sie beim näheren Hinsehen immer kleiner werden oder sich gar als Nullnummern entpuppen.

 

Wir müssen also auf massiven Nachbesserungen am Harzrand bestehen. Einige Forderungen bzw. Vorschläge seien genannt:

 

1.       Die Anbindung des Harzes an die Metropole (und den Verkehrsknoten) Leipzig ist alles andere als gut. Ob von Nordhausen, ob von Halberstadt her kommend, es muss, um den gewaltigen Hauptbahnhof zu erreichen, immer in Halle in die S-Bahn umgestiegen werden. Nichts gegen Halle, welches in Bezug auf Umstiege nach Berlin oder nach Süden enorme Vorteile bietet und als Quelle und Ziel natürlich auch wichtig ist, aber dass man zum Erreichen des Knotens Leipzig, von wo aus es immerhin nach Chemnitz oder Dresden weitergeht, die S-Bahn zwischenschalten muss, entspricht nicht den Bedürfnissen der Harzer und ihrer Gäste. Die RE aus Kassel kommen zur Minute .55 oder .56 in Halle an, der IC (wir nennen ihn mal weiter so) nach Leipzig ist zur Minute .50 abgefahren. Zudem leidet die S-Bahn (von Corona-Zeiten abgesehen) unter erheblicher Überfüllung, so dass weitere Züge zwischen Halle und Leipzig eine Entlastung darstellen können und eigentlich auch müssen. Die elektrisch betriebenen RE zwischen Kassel und Halle müssen dort zwar die Fahrtrichtung wechseln, können aber im Prinzip durchfahren und eine schnelle Achse Kassel - Südharz – Leipzig schaffen. Aus Richtung Halberstadt geht es ohne Fahrtrichtungswechsel, aber hier fehlt (noch) der Fahrdraht. Man müsste, wenn diese Strecke nicht ohnedies elektrifiziert wird, was aus anderen Gründen (durchgehender Verkehr Hannover - Halle) durchaus zu empfehlen ist, mit Diesel bis Leipzig Hbf durchfahren. Ein grundlegendes Hindernis ist dies allerdings nicht – die von Zügen fast befreite Haupthalle des Riesenbahnhofs bietet reichlich Platz.

2.       Auch am anderen Ende dieser einzigen halbwegs weit laufenden Linie am Harzrand kann und muss man nachbessern. Wieso sollte es nicht möglich sein, die Linie Kassel – Halle (- Leipzig) mit hessischen oder westfälischen Zügen zu durchgehenden Leistungen wie Frankfurt – Gießen – Kassel – Halle (- Leipzig) oder Dortmund – Kassel – Halle (- Leipzig) zusammenzulegen? Auch der Harz ist „Mitte Deutschlands“, nicht nur Jena und Gera! Der Umstieg im dunklen Betonkasten Kassel-Wilhelmshöhe mit seinen langen Rampen bereitet zudem keineswegs Freude und ist anstrengend. 

3.       Die Züge zwischen Hannover und Goslar und die zwischen Goslar und Halle sollten – unter Beibehaltung eines Flügelzuges nach Bad Harzburg – zu einer durchgehenden Leistung zusammengefasst werden. Fahrplantechnisch passt das. Das Aufkommen von Orten wie Ilsenburg, Wernigerode und Halberstadt rechtfertigt dies allemal. Das geht mit Diesel, ginge aber natürlich noch besser mit elektrischen Fahrzeugen, die dann auch die Möglichkeit weiterer Durchbindungen schaffen würden: Bremen – Hannover – Goslar – Halberstadt – Halle (Saale) – Leipzig zum Beispiel. Als „Nahziel“ steht aber die Abschaffung des unnötigen Umstiegs in Goslar im Raum.

4.       Ähnliches gilt für die Relationen Göttingen – Kreiensen – Seesen – Goslar – Bad Harzburg und Goslar – Halberstadt – Magdeburg. Diese können gleichfalls zu einer durchgehenden Leistung, wiederum mit Flügel nach Bad Harzburg, allemal jedoch in Goslar verknüpft mit der Linie Hannover – Bad Harzburg, zusammengefasst werden und würden den Nordharz wesentlich eleganter als heute mit dem Knoten Göttingen verbinden.

5.       Weniger ins Auge springend, aber doch keineswegs zu verachten, wäre eine Durchbindung der Züge Uelzen – Braunschweig mit denen der Linie Braunschweig – Herzberg. Fahrplantechnisch ist auch dies kein Thema, schon eher vergabetechnisch. Aber die Netzbildung ist eine künstliche, an keine Verkehrsbeziehungen gebundene Angelegenheit, die sich ändern lässt. In Stein gemeißelt sind die Vergabenetze jedenfalls nicht. Auf den ersten Blick bringt die Zusammenfassung der Züge durch die Ostheide mit denen nach Herzberg über Braunschweig nicht viel. Technokraten werden müde abwinken: Zu langsam. Der zweite Blick überzeugt dann schon: Mittels Umstieg in Uelzen kann man eine reine Nahverkehrsverbindung Hamburg – Herzberg mit nur einem Zugwechsel schaffen, die zudem den prekären Knoten Hannover Hbf umgeht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die bisherige umsteigefreie Verbindung Uelzen – Northeim – Göttingen ja abgeschafft wird, die Nahverkehrskunden also zu einem Umstieg im auch in Zukunft überlasteten Bahnhof Hannover gezwungen werden, mit Gepäck, mit Fahrrad und so weiter. So mancher Hanseat wird daher eine zwar nicht eben rasante, aber doch stressfreie Reise „hinten herum“ vorziehen, zumal er dann auch Salzgitter-Bad, Seesen und Osterode gut erreichen kann. Osterode ist von Hamburg auf dem Weg über Hannover nur durch zwei weitere, äußerst prekäre Umstiege in Kreiensen und Seesen zu erreichen, und das nur alle zwei Stunden, während der etwas gemütlichere, aber faktisch kaum langsamere und vor allem zuverlässigere Weg über Braunschweig jede Stunde möglich ist!

 

 

Das war einmal: Ein ICE aus Berlin läuft in Braunschweig Hbf ein. Es ist 4 Minuten vor 11 Uhr, der Zug in den Südharz fährt in 9 Minuten ab. Im Deutschlandtakt wären nur mehr 4 Minuten Übergang vorhanden – die schnelle Verbindung Berlin – Braunschweig – Südharz gehört der Vergangenheit an.

 

6.       In diesem Zusammenhang kann, aber auch ohne diesen muss ein absolutes Ärgernis des „DTaktes“ aus der Welt geschafft werden. Die stündlichen ICE-Übergänge aus und nach Berlin in Braunschweig Hbf müssen zwingend wiederhergestellt werden. Wenn der Preis hierfür das Durchfahren dieser einen RB-Linie in Leiferde ist (es gibt ja künftig zwischen Ringelheim und Braunschweig deren zwei pro Stunde), dann ist er zu zahlen. Es geht nicht an, dass ein ganzer Landstrich von einer wichtigen Fernverbindung abgehängt wird, damit einige Fahrgäste halbstündlich in einem Vorortbahnhof auf einen Bus wechseln können. Die Schöppenstedter Züge, reine Nahverkehrsleistungen, sollen in Leiferde nicht stoppen, wohl aber die Herzberger, die auch Fernverkehrsaufgaben wahrnehmen – ein planerisches Unding. Und der Klassiker der „Scheuklappen-Planung“: Die Leute vom Regionalverband blicken einseitig auf den Nahverkehr und den neuen Anschlusspunkt Leiferde und haben für etwelche ICE-Anschlüsse in Braunschweig Hbf keinen Blick, die Planer des „D-Taktes“ übernehmen das unkritisch, freuen sich über andere Anschlüsse und lassen den Harz eben Harz sein, und die Landesnahverkehrsgesellschaft in Hannover, in deren Obhut sich die Herzberger Verbindungen, vertrösten uns mit dem Hinweis, dass man darüber ja nochmal reden können wird. Warnung: Der ICE-Halt Braunschweig Hbf ist festgeklopft! Wir können den Anschluss nur herstellen, wenn wir an unseren eigenen Nahverkehrszügen herumbasteln. Und da muss die LNVG den Braunschweigern den Halt Leiferde in diesem Fall eben ausreden – oder für den Harz für angemessenen Ersatz sorgen!  

7.       Völlig misslungen ist, wieder einmal, die Fahrplangestaltung auf der Strecke Nordhausen – Göttingen. Nicht nur, dass die Fahrzeiten und Anschlüsse in Göttingen so gar nicht darstellbar sind und dringend nachgearbeitet werden müssen, um dem Südharz wenigstens den langsamen ICE nach Frankfurt zu erhalten – auch die Verbindung Nordhausen – Bodenfelde wird sinnloserweise preisgegeben. Eine Verschiebung der Bodenfelder Züge um eine Stunde, die angesichts der stündlichen Anschlüsse in Bodenfelde (nach und von Paderborn) und in Northeim (nach und von Göttingen und Hannover) problemlos möglich ist, würde diese durchgehenden Leistungen wieder erlauben. Damit wäre ein Schritt in die richtige Richtung getan. Auf Dauer wollen wir im Harz aber unsere durchgehende Verbindung Nordhausen – Paderborn wiederhaben, damit auch über diesen Weg ein bequemer Anschluss an den RRX-Nachfolger nach und von Aachen hergestellt werden kann. Göttingen – Paderborn jede Stunde umsteigefrei, Harz – Paderborn nur noch mit zwei Umstiegen: Das ist ebenfalls ein Unding. Richtig wäre: Göttingen – Paderborn alle zwei Stunden umsteigefrei, desgleichen Nordhausen – Paderborn, in diesem Fall mit Zubringer Göttingen – Bodenfelde. Die Göttinger Züge stehen laut „D-Takt“ in Bodenfelde ohnedies endlos lange herum, weil auch im Zuge des Deutschland-Taktes weder an der Infrastruktur westlich von Bodenfelde  noch an der östlich hiervon irgendetwas verbessert werden soll. 

8.       Über den Knoten Kreiensen ginge es ebenfalls weitaus besser. Auch hier stellt sich die Frage, wieso es nicht möglich sein soll, nach Herstellung der stündlichen Fahrmöglichkeiten zwischen Holzminden und Kreiensen zweistündlich zwischen Paderborn und Bad Harzburg durchzufahren. Technisch geht das, fahrplantechnisch geht das auch, und die Brechung der Netze in Kreiensen ist genau so wenig sinnhaft wie die Brechung in Bodenfelde. Paderborn – Northeim – Nordhausen und Paderborn – Kreiensen – Seesen – Goslar – Bad Harzburg sind Relationen, die zur besseren Netzwirkung und zur besseren Einbeziehung des Harzes in das Gesamtgefüge des „D-Taktes“ unabdingbar sind.

 

Wir fordern keinen ICE am Harzrand. Aber das, was man uns jetzt als das „Nonplusultra“ der deutschlandweiten Netzplanung anbietet, wird den Ansprüchen und auch dem Bedarf des Harzes (500.000 Einwohner, weit mehr als 10 Millionen Übernachtungen p.a., unzählige Tagesgäste aus den nahen Metropolen – letztere heute fast alle mit dem Auto reisend) nicht einmal ansatzweise gerecht. Wir fordern hier eine angemessene Berücksichtigung unseres Mittelgebirges. Wir fordern realistische und somit bessere Anschlüsse in den Knotenpunkten einerseits, und wir fordern mehr durchgehende regionale Zugleistungen andererseits. Diese verursachen keine Mehrkosten, binden aber das Mittelgebirge weitaus besser an als die immer weiter zerhackten und zerlegten Verbindungen des „DTaktes“, die noch dazu mit praktisch nicht haltbaren Umsteigezeiten gesegnet sind.

 

Wir fordern unsere lokalen MdB und MdL, die drei Landesregierungen und ihre Nahverkehrsorganisationen auf, auf deutlichen Nachbesserungen im „Deutschland-Takt“ zu bestehen. 


[1] Eisenbahn-Kurier, Ausgabe 9/2020, Artikel „Deutschlandtakt – Bund stellt Zielfahrplan vor“, S.56

b. Harz: Unser Mittelgebirge braucht wieder gute Fernverkehrsverbindungen - Der „Harz-Express“ verband einst Hoek van Holland direkt mit Bad Harzburg (Stand 08.02.2021)
Dieser Tage sind einige Aktionen angelaufen, die vor dem Hintergrund des geplanten „Deutschland-Takts“ auf der Schiene bessere Fernverbindungen und mehr direkte Züge für den Harz erreichen wollen, um nicht nur den Aufenthalt im Harz selbst so umwelt- und klimafreundlich wie möglich zu gestalten, sondern auch die An- und Abreise zu erleichtern. Nicht zuletzt kämen solcherart verbesserte Fernverbindungen auch den Harzern und ihrer Wirtschaft entgegen.

Anlass für die Aktivitäten ist die Tatsache, dass sich an der Tatsache, dass der Harz derzeit über keine einzige Fernverbindung auf der Schiene verfügt, auch im „Deutschland-Takt“ nichts ändern soll, sondern dass er dort weiterhin als vollständige „Fernverkehrswüste“ verzeichnet ist. Mehr noch: Selbst die heute vorhandenen, zum Teil durchaus passablen Anschlüsse in Braunschweig und Göttingen werden in diesem Takt weitgehend verschwinden. Und auch bei der dritten Möglichkeit, die Reisemöglichkeiten in den Harz durch das Zusammenfassen („Durchbinden“) der immer klein-räumiger geplanten Regionallinien zu verbessern, tut sich nichts – im Gegenteil: Auch hier sollen weitere Linien gebrochen und durch noch mehr Umsteigeverbindungen ersetzt werden.

„Das bringt uns im Harz keinen Schritt voran. Je öfter man umsteigen muss, desto höher ist die Hürde für eine Nutzung der Bahn. Einige Umsteigebahnhöfe entbehren jeglicher Infrastruktur, da gibt es weder Personal noch Toiletten. Die diversen Verkehrsunternehmen stimmen sich untereinander nicht ab, die Deutsche Bahn Netze greift auch nicht ein, so dass schon bei kleinen Verspätungen Anschlüsse verlorengehen“ moniert Michael Reinboth von der „Höchsten Eisenbahn für den Südharz“, die nicht müde wird, diese Zustände anzuprangern. „Wer einmal in Kreiensen gestrandet ist, wer einmal in Bodenfelde umsteigen musste, nachdem er dies zuvor schon in Paderborn getan hat, der verliert die Lust am Bahnfahren. Statt hier zu verbessern, fügt der Deutschland-Takt einen weiteren Umstieg in Northeim ein. Die An- und Abreise in unser Mittelgebirge wird immer weiter erschwert.“

Niederlande – Harz, Ruhrgebiet – Harz, Hamburg – Harz, das ging alles einmal ohne Umstieg
Es ging einst auch anders. Wer im „Amtlichen Kursbuch“ der Bundesbahn des Jahres 1957 blättert, der trifft zum Beispiel auf den D 391 „Harz-Expreß“, damals noch ohne “ss“ geschrieben. Er verkehrte in der Sommersaison durchgehend von Hoek van Holland bis nach Bad Harzburg. Nach Ankunft der Fähre aus Harwich (mit dem Bootszug aus London als Zubringer) fuhr dieser Zug als Entlastungszug des F 191 („Holland-Skandinavien-Expreß“) um 7.10 dort ab, hielt in Rotterdam, Utrecht und Amersfoort, nahm in Oldenzaal bzw. Bentheim (noch ohne „Bad“) die Zollbeamten an Bord, stoppte in Rheine, Osnabrück und Minden, um Hannover Hbf um 13.59 zu erreichen. Nach Lokwechsel ging es dort um 14.07 weiter über Hildesheim und Salzgitter-Ringelheim bis Goslar (15.36/15.52, vermutlich zum Abhängen von Waggons) und Bad Harzburg (16.05). Anschlüsse gab es auch, nämlich einmal in Hildesheim Hbf (15.03 zum Triebwagen nach Derneburg – Seesen – Herzberg – St. Andreasberg) und in Goslar (16.13 zum Personenzug nach Lautenthal – Wildemann – Clausthal-Zellerfeld). In der Gegenrichtung verließ der „Harz-Expreß“ Bad Harzburg um 13.26 und Goslar um 13.50 zur Fahrt nach Hoek van Holland, erneut mit Anschluss zur Fähre nach Harwich und zum Bootszug nach London. Außerhalb der Saison gab es diese umsteigefreie Verbindung auch, denn dann wurden in Osnabrück Kurswagen aus dem F 191 auf den E 291 Osnabrück – Bad Harzburg umgestellt. Dieser fuhr ganzjährig, in der Saison gab es mithin kurz nacheinander den „Harz-Expreß“, gefolgt vom E 291 ohne Kurswagen, ansonsten „nur“ den E 291, dann aber eben mit den Kurswagen aus den Niederlanden, Gegenrichtung entsprechend. Man war also bemüht, den Harz bestmöglich zu bedienen!

Jede Menge weitere direkte Verbindungen waren vorhanden

Wer in besagtem Buch weiter blättert, findet weitere sehr interessante Züge, darunter

Zu dieser Fülle direkter Verbindungen gesellten sich weiter, bei denen aus einem Haupteinzugs-gebiet für Harzgäste nur einmal umzusteigen war. So verfügte der E 533 Aachen – Braunschweig in Ottbergen, wo er um 15.38 ankam, über einen unmittelbaren Abbringer um 15.44 nach Northeim – Walkenried. Hinzu kamen diverse Ausflugszüge, die nur am Wochenende verkehrten und mit verbilligten Fahrkarten (heute „Tickets“) benutzt werden konnten, darunter Göttingen – St. Andreasberg, Hildesheim – St. Andreasberg mit Abbringer nach Walkenried, Braunschweig – Clausthal-Zellerfeld, Braunschweig – Bad Harzburg mit Abbringer Vienenburg – Goslar – Altenau…

Praktisch alle relevanten Aufkommensgebiete waren umsteigefrei mindestens einmal täglich, mitunter öfter, sowohl mit dem Nordharz wie mit dem Südharz verbunden. Hinzu kamen, wie erwähnt, weitere Verbindungen mit nur einmaligem Umstieg, dieser aber abgestimmt und damit sicher. Anders als heute waren die Umsteigebahnhöfe auch mit einem gewissen Service ausgestattet.

Zurück nach 1957 wollen wir nicht – aber bessere und direktere Verbindungen wollen wir schon

Die Uhr lässt sich nicht zurückdrehen
Die Infrastruktur für „Kurswagen“ wurde restlos beseitigt, das Heil wird heute nahezu ausschließlich in Triebwagen gesucht, bei denen das sowieso nicht geht.
Aber anderes geht dafür, zum Beispiel das früher schwierigere „Flügeln“ und Vereinigen von zwei Triebwagen auf einem bestimmten Bahnhof: Zwei Triebwagen fahren zusammengekuppelt bis zu einer Station A, wo sie sich in die Flügel nach B und C aufteilen.
Umgekehrt werden die Zugteile aus B und C in A wieder zusammengehängt und verkehren gemeinsam zu einem Zielbahnhof. Hiervon wird ja durchaus Gebrauch gemacht, u.a. in Vienenburg und in Ottbergen. So etwas sollte mithin auch in Goslar und in Bodenfelde funktionieren. Sogar ICE werden auf diese Weise behandelt, u.a. in Hamm. Es geht also.

Auch die fehlende Oberleitung ist letztlich kein wirkliches Hindernis, wie man am Beispiel durchgehender Züge nach Gera, Westerland oder Oberstdorf sieht. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Fahrplantechnisch spricht nichts gegen „Durchbindungen“ wie

Hier steht die kleinteilige Denke der Aufgabenträger und der Egoismus der Länder im Weg – ein Egoismus, der für den sich in drei Länder teilenden Harz vollkommen unsinnig ist. Unsere Grenzlage erfordert länderübergreifende Lösungen, die sich eben nicht an Landesgrenzen, aber auch nicht an künstlichen Ausschreibungsregeln mit „Teilnetzen“ orientieren, sondern das Wohl des Harzes als einer nahezu ausschließlich vom Tourismus abhängigen Region endlich in den Mittelpunkt stellt.

Alle Politiker auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene sind aufgefordert, dieses Bemühen nachhaltig zu unterstützen.

Bad Harzburg und Walkenried, von Emden, Oldenburg, Bremen, ja sogar von Amsterdam ohne Umstieg nach Goslar und Bad Harzburg, von Bielefeld umsteigefrei bis nach Herzberg: Diese direkten Verbindungen mittels D- oder Eilzügen hat es in den vermeintlich so schlechten und servicearmen Zeiten der Deutschen Bundesbahn gegeben.
Aber auch die Deutsche Reichsbahn bot direkte Züge aus Berlin nach Wernigerode oder Nordhausen und aus Dresden und Leipzig nach Wernigerode an.
All dies ging infolge der Zerstörungspolitik des „Bahnchefs“ Mehdorn, der den Rückzug des DB-Fernverkehrs aus der Fläche aktiv und ohne jeden Widerstand aus der damaligen Bundesregierung betrieb, und infolge der Zerstückelung des Nahverkehrs, welche die ansonsten durchaus positiv zu sehende Regionalisierung mit sich brachte, verloren.
Michael Reinboth

c. Grüne: Resolution "Deutschlandtakt fährt am Harz vorbei" (Stand 08.02.2021)
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Pressemitteilung vom
8.Februar 2021

Sehr geehrte Damen und Herren,

Die Deutsche Bahn plant in den kommenden Jahren die stufenweise Einführung eines Deutschlandtaktes im Fernverkehr. Wichtige Metropolen sollen dabei im 30 Minuten – Takt miteinander verbunden werden. Dabei zeigt sich, dass der Harz als touristisch bedeutsame Region offenbar vergessen wurde. Für alle drei Bundesländer scheint der Harz nur eine touristische Randerscheinung zu sein.

Im Gegensatz dazu haben sich drei der betreffenden Kreisverbände von Bündnis 90/Die Grünen aus der Harz - Region gemeinsam mit genau diesem Thema auseinander gesetzt und wollen ihre jeweilig zuständigen Stellen wachrütteln. Dass der Harz touristisch bedeutsam ist, konnte in den vergangenen Wochen eindrücklich entlang einer zugeparkten B4 zwischen Torfhaus und Bad Harzburg erlebt werden.

In einer gemeinsamen Erklärung fordern Grüne aus Thüringen, Sachsen-Anhalt und

Niedersachsen wieder Fernverkehr auf den Schienen rund um den Harz. Auch

Regionalverkehr der Bahn darf nicht an Landesgrenzen enden und für Fahrgäste unnötiges Umsteigen bedeuten.

Almut Mackensen aus Niedersachsen vom Kreisverband Göttingen stellt dazu fest: „Wir wollen den klimafreundlichen Verkehr stärken und fordern, dass der Harz in Zukunft aus Hamburg, Berlin, Frankfurt und dem Ruhrgebiet einfacher und komfortabler mit der Bahn zu erreichen ist. Bahnfahrer brauchen gute Anschlüsse und einen guten Service an den Umsteigepunkten. Zurzeit fehlt an vielen Umsteigebahnhöfen grundlegender Service, wie beispielsweise Toilettenanlagen. Das darf nicht so bleiben. Umsteigepunkte müssen zu attraktiven Aufenthaltsorten werden.“

Rüdiger Neitzke aus Thüringen vom Kreisverband Nordhausen wünscht sich beispielsweise wieder eine durchgehende Fernverbindung auf der Relation Frankfurt – Kassel –

Nordhausen – Halle – Berlin. „Sowohl von Berlin, als auch aus Frankfurt wäre so der Harz ohne Umstieg jeweils in unter drei Stunden erreichbar.“ Die durchgehend zweigleisig elektrifiziert ausgebaute Strecke (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit) ist dafür prädestiniert. Außerdem sollte die in Bodenfelde endende Regionalbahn weiter nach Paderborn verlängert werden. So könnte auch das Ruhrgebiet mit nur einem Umstieg erreicht werden.

Aus der Sicht Sachsen – Anhalt ergänzt Susan Sziborra-Seidlitz, Landesvorsitzende der

Grünen in Sachsen-Anhalt aus Quedlinburg: „Wir wünschen uns, dass der Harz und sein

Vorland mit seinen regionalen Schienenstrecken besser mit den Fernverkehr in Hannover,

Hildesheim, Magdeburg, Halle und Göttingen verbunden wird.“

Für die Nordharzstrecke bedeutet das vor allem, dass von Quedlinburg, Halberstadt und Wernigerode auch wieder Göttingen, Halle, Hannover und Hildesheim ohne Umstieg erreichbar sind.

Alle regionalen Strecken sind gegebenenfalls entsprechend auszubauen und zu ertüchtigen.

Bis zu einer wünschenswerten Elektrifizierung sollte der Betrieb von Diesel- auf

Batterieelektrischen-, dieselelektrischen Hybrid- oder Wasserstoffantrieb umgestellt werden. Mit Hybridfahrzeugen könnte beispielsweise auch der touristisch interessante Ort Stolberg im Harz wieder direkt aus Leipzig erreichbar sein.

Für die Förderung eines nachhaltigen Tourismus ist es unumgänglich, für den ganzen Harz ein Ländergrenzen übergreifendes abgestimmtes Busliniennetz mit einem einheitlichen für Gäste attraktiven und verständlichen Tarifsystem zu schaffen.

Damit Harzurlauber klimafreundlich anreisen können, fordern die Grünen aus den drei Bundesländern Bahn- und Busverkehr für ihre Tourismusregion deutlich zu verbessern. So wäre es dann auch möglich, in Nordhausen, Quedlinburg oder Wernigerode aus einem IC in einen Dampfzug der Harzer Schmalspurbahn umzusteigen.

Wir Harzer Grünen mit Unterstützung von:

Almut Mackensen, Sprecherin Ortsverband Grüne im Altkreis Osterode

Andrea Obergöker, Verkehrspolitische Sprecherin Kreistagsfraktion Göttingen

Prof. Dr. Bernhard Zimmermann, Kreisverband Harz

Bert Kahlbrandt, Mitglied im Rat der Gemeinde Bad Grund

Björn Bühring, Sprecher Ortsverband Bündnis 90/Die GRÜNEN Osterode am Harz

Christian Kokot, Kreisverband Bündnis 90/Die GRÜNEN Mansfeld-Südharz

Claas Rühling, Kreisvorstand Goslar

Detlev Schulz-Hendel, Mitglied des Niedersächsischen  Landtags, Sprecher der Bündnis 90/Die

GRÜNEN  Fraktion für Verkehrspolitik

Doris Köplin, stellvertretende Ortsbürgermeisterin Scharzfeld, Bündnis 90/Die GRÜNEN

Eva Viehoff, Mitglied des Niedersächsischen Landtags, Sprecherin der Bündnis 90/Die GRÜNEN Fraktion für Tourismus

Karin Kahlbrandt, Sprecherin Ortsverband Osterode am Harz, Bündnis 90/Die GRÜNEN

Karo Otte, Kandidatin der Grünen Jugend Niedersachsen zur Bundestagswahl

Kreisvorstand Bündnis 90/Die Grünen Göttingen

Kreisvorstand Bündnis 90/Die Grünen Goslar

Laura Wahl, verkehrspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Thüringen

Martin Worbes, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die GRÜNEN im Kreistag Göttingen

Peter Osten, Bündnis 90/Die GRÜNEN Kreisverband Harz

Rüdiger Neitzke, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die GRÜNEN im Kreistag Nordhausen

Sabine Seifarth, Vorstandssprecherin Kreisverband Goslar Bündnis 90/Die GRÜNEN

Simone Stolzenbach, Sprecherin Bündnis 90/Die GRÜNEN Oberharz

Sebastian Weichhholdt, Kreisverband Bündnis 90/Die GRÜNEN Nordhausen

Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN Herzberg am Harz

Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN Osterode am Harz

Stefan Wenzel, Mitglied des Niedersächsischen Landtags, Bündnis 90/Die GRÜNEN

Steffani Wirth, Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN  GöttingenStephan Christ, Sprecher

Landesarbeitsgemeinschaft Moblität und Verkehr

Susanne Menge, Mitglied des Niedersächsischen Landtags und Specherin der Grünen

Bundesarbeitsgemeinschaft Mobilität und VerkehrBündnis 90/Die GRÜNEN

Susan Sziborra-Seidlitz, Landesvorsitzende Bündnis 90/Die GRÜNEN  in Sachsen-Anhalt

Viola von Cramon-Taubadel, Mitglied des Europäischen Parlaments, Bündnis 90/Die GRÜNEN

Wolfgang Hypko, Vorstand Bündnis 90/Die GRÜNEN Altkreis Osterode

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