News vom 01.05.12 bis 31.05.12

1. Südniedersachsen ist das Stiefkind der landesweiten Nahverkehrspolitik (Stand: 28.05.2012) 
In der neuen Ausgabe der LNVG.Info (Juni 2012), einem durchaus schätzenswerten Informationsblatt, finden sich zwei für unsere Region interessante Hinweise. Zum einen verweisen die Geschäftsführer Menn und Hoffmeister in ihrem Vorwort darauf, dass sie „insbesondere… alle Strecken mindestens bis 2017 uneingeschränkt weiter bedienen (wollen)“. Damit haben wir zum ersten Mal nach der Vorstellung von 2013+ eine klare Ansage, dass es durchaus auch zu Einschränkungen kommen kann, vor 2017 und danach, sollte die finanzielle Ausstattung für den Nahverkehr nicht mehr ausreichend sein.

Davon betroffen wären mit ziemlicher Sicherheit die schwächer genutzten Strecken. Und zu denen zählt die LNVG sowohl die Sollingbahn Northeim – Bodenfelde als auch die Westharzstrecke Seesen – Herzberg (Harz).

Als „wesentliche Erfolge“ der Arbeit der LNVG werden hingegen genannt, dass „Reisezeiten deutlich verringert (wurden)“ und „neue Reiseketten durch gezielte Abstimmung von Fahrplänen geknüpft (wurden)“. Hierfür werden auch Beispiele genannt, von denen sich jedoch keines im südlichen Landesbereich findet. Aus gutem Grunde, denn hier trifft weder das eine noch das andere zu.

Die Reisezeiten im südlichen Landesteil haben sich eben nicht deutlich verringert, und neue Reiseketten wurden auch nicht geschaffen. Im Gegenteil. Nehmen wir den Fahrplan des Jahres 1996 als Basis, so hat sich der Standard im südöstlichen Landesteil – mit Ausnahme der Strecke Herzberg – Seesen, wo ein stündliches Angebot eingerichtet wurde – verschlechtert.

Da Anzeichen für einen Wandel nicht erkennbar sind, weil weder die Deutsche Bahn (Thema: Intercity) noch die LNVG (Thema: Wiederherstellung von Verknüpfungen) sich bewegen, müssen wir wohl weiter davon ausgehen, dass Südniedersachsen das Stiefkind der landesweiten Nahverkehrspolitik bleiben wird.

Damit uns niemand falsch versteht: Grundsätzlich ist gegen die konsequente Arbeit der LNVG nichts einzuwenden. Und natürlich wurde auch hierzulande investiert, in Bahnhöfe, in Strecken, in Fahrzeuge des Pools (Metronom) und durch Mitfinanzierung von DB-Fahrzeugen. Aber eben nicht mit der Konsequenz und dem Erfolg, den es in anderen Landesteilen unbestreitbar gibt, vor allem im Nordwesten. In Verbindung mit der Ankündigung möglicher Einschränkungen kann man sich mithin ein Szenario gut vorstellen, wonach in unserer Region deutlichere Einschnitte erfolgen als andernorts, weil der Erfolg von Investitionen und Fahrplanverbesserungen sich nicht so zeigt wie gewünscht.

Deswegen ist es richtig, noch einmal „aus gegebenem Anlass“ darauf hinzuweisen, dass bei uns in den letzten Jahren geradezu massenhaft Anschlüsse und Verbindungen abhanden gekommen sind und die LNVG bis dato nichts unternommen hat, um hier gegenzusteuern. Ganz im Gegensatz zum Nordwesten, wo man viel Phantasie walten lässt und künftig sogar ICs mit Nahverkehrskarten benutzt werden können, während sie hier an Kreiensen und Northeim vorbeirauschen.

Nun kommt bald der landesweite Tarif. Auch dies eine feine Sache – nur wohin werden wir aus dem Landessüden damit fahren können?

Wir haben die „Reiseketten“ und die „gezielte Fahrplanabstimmung“ in Bezug auf die Verbindungen aus Richtung Göttingen und Südharz in Richtung Hamburg, Bremen oder Minden untersucht. Ergebnis: Wenn wir aus dem Süden nach Norden oder Nordwesten reisen wollen, ist dies mit Nahverkehrskarten – und damit auch mit dem künftigen Landestarif – nicht möglich! Es sei denn, man bringt ganz viel Zeit mit.

Fall 1: Der „Knoten“ Northeim. Alle 2 Stunden ist es ja tatsächlich einer, weil es dann Anschlüsse aus dem Südharz nach Göttingen und nach Bad Harzburg gibt. Nach Norden gibt es jedoch keine Verbindung, auch nicht in den alternierenden Stunden. Geschlagene 30 Minuten muss der Fahrgast, der aus dem Südharz kommt, warten, um einen Zug nach Hannover zu erreichen. Die Kunden aus dem Solling trifft es noch härter, sie dürfen rund 40 Minuten auf dem schönen Northeimer Bahnhof zubringen. Der Metronom bringt sie dann recht flott nach Hannover. Und damit sind wir bei

Fall 2: Dem Knoten Hannover Hbf. Natürlich treffen sich hier unausgesetzt Züge aus und in alle Richtungen. Lässt man die ICs und ICEs weg, wird es aber schon spürbar dünner. Und ganz schlecht schneidet ein zweites Mal der Landessüden ab. Nach mehr als 15 Minuten Wartezeit kann man immerhin mit dem Metronom in Richtung Uelzen weiterfahren, wo man dann mit Umstieg und erneuter Wartezeit von ca. 15 Minuten in Richtung Hamburg weiterkommt. Die Wartezeiten addieren sich für den Südharzer Kunden damit schon auf über 60 Minuten. Noch viel schlechter sieht es aus, wenn man nach Bremen, Bremerhaven, Oldenburg, Emden oder an die Nordseeküste möchte. Eine geschlagene Stunde darf man dann in Hannover zubringen und hat damit aus Richtung Südharz schon 90 Warteminuten auf dem Konto. Ähnlich schlecht sieht es nach dem Westen aus. Einzig der Anschluss an den „Heidesprinter“ kann in beiden Richtungen zufrieden stellen.

„Deutlich verringerte Reisezeiten“ und „neue Reiseketten durch gezielte Fahrplanabstimmung“ sehen nach unseren Begriffen wirklich anders aus. Die Alternative über Salzgitter-Ringelheim (Fall 3) ist ebenso schlecht, weil man auf diesem zugigen Bahnhof satte 45 Minuten warten darf, bis es nach Hildesheim oder Hannover weitergeht.

Wer es nicht glaubt, möge sich die drei beigefügten Tabellen anschauen. Die Anschlusslage ist für den Göttinger Kunden schlecht und für den Südharzer Kunden unter aller Kanone. Natürlich kommt man gut nach Göttingen – wenn auch spürbar schlechter als noch vor drei Jahren. Aber das reicht nicht. Wenn man den Anspruch hat, ganz Niedersachsen mit einem guten Gefüge regionaler Züge zu überziehen, dann kann man nicht einfach einen Landesteil ausklammern und ihn dann – so die Prognose – für nicht hinreichenden Kundenzuwachs auch noch abstrafen.

Wir erwarten, dass für den Landessüden endlich etwas getan wird. Möglichkeiten gibt es ja durchaus: Die preisliche Neutralisierung des Umwegs über Göttingen fiele darunter. Mehr und bessere Anschlüsse an den Metronom in Northeim ebenso. Vor allem aber muss die Fahrlage dieses Zuges in Bezug auf den Knoten Hannover überprüft werden. Dass das keine einfache Sache ist, wissen wir auch. Aber es kann nicht sein, dass ausgerechnet beim Metronom konsequent alle wichtigen Anschlüsse in Hannover verpasst werden. Und wenn man das nicht hinbekommt, dann muss der künftige Doppelstock-IC zur Nordsee eben von Hannover bis dorthin für Kunden mit regionalen Fahrscheinen aus Göttingen, Northeim oder Herzberg freigegeben werden. Dann wäre die Reisekette ja wieder hergestellt. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Harz heißt im Übrigen auch nicht nur „Nordharz“, sondern auch „Südharz“. So wie wir nicht an die Nordsee kommen, so kommen die Leute aus Bremen oder Oldenburg auch nicht in den Süden des Mittelgebirges. Das wollen wir geändert sehen. Und hierfür erwarten wir von der Angebotsplanung der LNVG kreative Lösungsvorschläge, die sich nicht in der bloßen Ablehnung von Fahrplanvorschlägen Dritter erschöpfen. Wir möchten endlich wieder besser nach Norden reisen können!

Michael Reinboth

 

 

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